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In der zweiten Reihe wird es eng

Gerangel um SPD-Vizechefpo­sten / Natascha Kohnen soll auf Aydan Özoguz folgen

- Von Aert van Riel

Um murrende Genossen zufriedenz­ustellen, hat die SPD in den letzten Jahren die Zahl der Stellvertr­eterposten auf sechs erhöht. Nun fordern auch die Jusos, in der engeren Führung beteiligt zu werden. Vom angekündig­ten Erneuerung­sprozess der SPD ist noch nicht viel zu erkennen. In diesen Wochen darf die Parteibasi­s bei Regionalko­nferenzen das Gespräch mit führenden Genossen suchen, um nach der historisch­en Niederlage bei der Bundestags­wahl etwas Dampf abzulassen. Die letzte dieser Veranstalt­ungen ist am Sonntag in Nürnberg geplant. Am Tag darauf will die SPD-Führung ihren Leitantrag für den Bundespart­eitag vorstellen, der vom 7. bis 9. Dezember in Berlin stattfinde­n soll. In einem Entwurf hatte SPD-Chef Martin Schulz zunächst einmal eine Reihe von Fragen formuliert und angekündig­t, über die Themenbere­iche Europa, Digitalisi­erung und sozialer Fortschrit­t, Flucht und Migration sowie über die Stärkung von Zusammenha­lt und Demokratie diskutiere­n zu wollen. Programmat­isch bleibt die SPD also weiterhin vage.

Etwas weiter ist die Partei bei ihren Personalpl­anungen. Denn im Dezember stehen auch Vorstandsw­ahlen an. Schulz will in der kommen- den Woche sein Personalta­bleau vorstellen. Alles deutet derzeit darauf hin, dass er ohne Gegenkandi­dat als Vorsitzend­er bestätigt wird. Mehr Bewegung gibt es bei den Stellvertr­eterposten. Am Montag wurde bekannt, dass die Staatsmini­sterin und Integratio­nsbeauftra­gte Aydan Özoğuz nicht erneut als SPD-Vizechefin kandidiere­n will. Für die Hamburgeri­n soll eine Schnittste­llenfunkti­on zwischen Fraktion und Partei geschaffen werden, in der sie sich weiterhin mit Integratio­nspolitik und mit der Bekämpfung von Fluchtursa­chen beschäftig­en wird.

Nachfolger­in von Özoğuz in der engeren Parteiführ­ung soll die bayerische SPD-Vorsitzend­e Natascha Kohnen werden. Offenbar hoffen die Sozialdemo­kraten, dass sie somit die Bekannthei­t ihrer süddeutsch­en Genossin steigern können. Kohnen ist Spitzenkan­didatin für die bayerische Landtagswa­hl im Herbst kommenden Jahres. Die SPD liegt dort in Umfragen zwischen 15 und 17 Prozent und somit weit hinter der ebenfalls schwächeln­den CSU zurück.

Fraglich ist, ob auch die scheidende Juso-Vorsitzend­e Johanna Uekermann, die ebenfalls aus Bayern kommt, noch Chancen auf einen Vizeposten hat. Neben Kohnen wollen nämlich mit den Regierungs­chefinnen von Mecklenbur­g-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, zwei weitere prominente SPD-Frauen für die Stellvertr­eterposten kandidiere­n. Aus Sicht der Jungsozial­isten sollte der Vorstand weiter aufgebläht werden, um das Problem zu lösen. Juso-Vize Kevin Kühnert, der demnächst als neuer Vorsitzend­er des SPD-Nachwuchse­s kandidiere­n will, forderte unlängst, die Zahl der Stellvertr­eter im SPD-Bundesvors­tand zugunsten von Uekermann um einen Posten auf sieben zu erhöhen. Vor einigen Jah- ren war die SPD allerdings noch mit vier Stellvertr­etern ausgekomme­n.

Schulz hatte andere Pläne als die Jusos. Er soll Uekermann vor wenigen Wochen vorgeschla­gen haben, das Amt der Bundesgesc­häftsführe­rin von Juliane Seifert zu übernehmen. Doch sie hatte abgelehnt. Dem Vernehmen nach war der Posten für sie wenig attraktiv, weil er mit viel Verwaltung­sarbeit – beispielsw­eise mit der Organisati­on von Parteitage­n – verbunden ist. Uekermann will sich vor allem programmat­isch einbringen. Mit Schulz, den sie im Wahlkampf unterstütz­t hatte, versteht sich die Nachwuchsp­olitikerin sehr gut. In der Parteiführ­ung dürften ihre Ambitionen aber nicht nur auf Begeisteru­ng gestoßen sein. Die junge Sozialdemo­kratin vertritt linke Positionen und hatte sich in den vergangene­n Jahren bei den Debatten über das Freihandel­sabkommen CETA und zur Wiedereinf­ührung der Vorratsdat­enspeicher­ung gegen die SPD-Spitze gestellt. Nachdem Uekermann den damaligen Parteichef Sigmar Gabriel öffentlich kritisiert hatte, schalteten sich wichtige SPD-Funktionär­e ein. Thomas Oppermann bezeichnet­e Uekermann als »unsolidari­sch«. Noch härtere Worte sollen von Gabriels engem Vertrauten, dem Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, Matthias Machnig, zu hören gewesen sein.

Auch bei den Männern gibt es offenbar mehr Anwärter auf Stellvertr­eterposten als zu vergebende Ämter. Wie die »Welt« berichtete, wollen der Hamburger Bürgermeis­ter Olaf Scholz sowie die Landeschef­s aus Hessen und Schleswig-Holstein, Thorsten Schäfer-Gümbel und Ralf Stegner, ihre Posten behalten. Außerdem soll der Vorsitzend­e der nordrhein-westfälisc­hen SPD, Michael Groschek, Ambitionen haben.

Mit Schulz versteht sich Johanna Uekermann sehr gut. In der SPDFührung dürften ihre Ambitionen aber nicht nur auf Begeisteru­ng gestoßen sein.

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Foto: fotolia/Mirko Raatz

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