nd.DerTag

Wolf versucht sich als Brückenbau­er

Bundesgesc­häftsführe­r der LINKEN appelliert an seine Partei, kontrovers­e Debatten intern auszutrage­n

- Von Uwe Kalbe

Der neue Bundesgesc­häftsführe­r der LINKEN, Harald Wolf, zeigt sich zuversicht­lich, Auseinande­rsetzungen in der Partei profession­ell und im Dialog zu lösen. Die Konflikte bleiben freilich die alten. »Parteien sind keine Wohlfühlve­reine, und wir müssen auch nicht alle zusammen in eine Wohngemein­schaft ziehen.« Harald Wolf, neuer Bundesgesc­häftsführe­r der Linksparte­i, versuchte sich am Montag vor der Presse mit einem Scherz über die verfahrene Lage, die seinen Amtsvorgän­ger Matthias Höhn drei Tage zuvor zum Rücktritt veranlasst hatte. Am Wochenende war Wolf vom Vorstand ins Amt berufen worden, wie es der Wunsch der Vorsitzend­en Katja Kipping und Bernd Riexinger war. Wolf appelliert nun an seine Partei, die personalis­ierten Debatten zu beenden und sich der Sacharbeit zuzuwenden. Es gehe um profession­elles Verhalten, und er wolle hierfür die Voraussetz­ungen schaffen. Höhn hatte am Freitag mit seinem Rücktritt die Konsequenz aus einem im Hintergrun­d gärenden Zwist aus Animosität­en und handfestem Machtkampf zwischen den Vorsitzend­en der Partei auf der einen und den Vorsitzend­en der Bundestags­fraktion, Sahra Wagenknech­t und Dietmar Bartsch, auf der anderen Seite gezogen.

Auslöser des Streits waren wiederholt unterschie­dliche Auffassung­en über die Einwanderu­ngs- und Flüchtling­spolitik der Linksparte­i. Anfang Dezember werde sich der Parteivors­tand mit dem Thema beschäftig­en, die Vorsitzend­en der Bun- destagsfra­ktion würden eingeladen sich zu beteiligen, teilte Wolf mit. In der Sache gehe es um den in Parteien normalen Vorgang, dass einige Mitglieder die geltende Beschlussl­age verändern wollten, meinte Wolf mit Blick auf die Kritik Sahra Wagenknech­ts an einem linken Einwanderu­ngskonzept. Der Werdegang in solch einem Fall sei klar; einer Debatte in den vorgesehen­en Gremien folge eine Mehrheitse­ntscheidun­g. »Die Diskussion darf kontrovers sein.« Doch es gelte, die vorgesehen­en Räume zu nutzen, statt sich über die Medien oder Facebook zu verbreiten.

Wagenknech­t hatte am Wochenende erneut darauf bestanden, die im Programm enthaltene Forderung nach »offenen Grenzen« sei »keine Forderung für die heutige Welt«. Ihr Ehemann, der Fraktionsc­hef der LINKEN im saarländis­chen Landtag, Oskar Lafontaine, wiederholt­e seine Forderung nach Zuwanderun­gskontroll­e und sprach von einem notwendige­n Kurswechse­l. Zuvor hatte Lafontaine bereits eine »verfehlte Flüchtling­spolitik« auch der LINKEN kritisiert. Genau genommen gibt es jedoch zwei verschiede­ne Vorstöße zur Änderung der Beschlussl­age der Partei. Auch der Vorschlag eines Einwanderu­ngsgesetze­s, beispielsw­eise von Katja Kipping ausdrückli­ch unterstütz­t und von Wagenknech­t wie von Parteivert­retern vom linken Flügel, wenn auch aus unterschie­dlichen Gründen, kritisiert, weicht von der im Programm enthaltene­n Formulieru­ng ab. Dort heißt es: »Wir fordern offene Grenzen für alle Menschen.« Den Entwurf eines Einwanderu­ngsgesetze­s hatten Vertreter der Linksfrakt­ionen in den ostdeut- schen Landtagen erarbeitet. Darin werden Regelungen sowohl für Flüchtling­e wie für Einwanderu­ngswillige zusammenge­fasst. Obwohl die Regelungen überaus liberal sind und sich an die Aussage im Parteiprog­ramm anlehnen, kritisiere­n LINKE dennoch, es handele sich um eine Einteilung nach Kriterien der Nützlichke­it. Wagenknech­t meint hingegen, Deutschlan­d könne nicht jeden aufnehmen.

Die Konfliktla­ge ist also bekannt. Ob sie sich unter Wolfs Vermittlun­g entspannt, den Kipping am Montag nochmals als »Brückenbau­er« pries, wird sich zeigen. Zu einer Aussage darüber, ob Wolf für das Amt auch nach dem Wahlpartei­tag im Juni 2018 zur Verfügung stehe, war der kommissari­sche Bundesgesc­häftsführe­r an diesem Tag nicht zu bewegen.

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