nd.DerTag

Vorerst kein Neustart von Indymedia

Unterstütz­er berichten von starker Repression

- Von Peter Nowak

Die öffentlich­e Diskussion um die Abschaltun­g der linken OnlinePlat­tform Indymedia-Linksunten ist weitgehend verstummt. Die Polizeiraz­zia fand im Nachgang des Hamburger G20-Gipfels am 25. August statt, das von Bundesinne­nminister Thomas de Mazière (CDU) angekündig­te Verbot erfolgte nach dem Vereinsges­etz – eine umstritten­e Maßnahme. Medienakti­vistInnen hatten nur wenige Tage nach der Abschaltun­g noch selbstbewu­sst einen Neustart angekündig­t – diesen wird es vorerst aber wohl »aufgrund der realen Repression« doch nicht geben. Dies erklärte die Autonome Antifa Freiburg in einem kürzlich veröffentl­ichten Communiqué zum Indymedia-Verbot.

Dort ging sie auch auf die Überwachun­gsmethoden im Vorfeld der Abschaltun­g ein: In den Akten der Beschuldig­ten fänden sich Spitzelber­ichte des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz von öffentlich­en Indymedia-Linksunten-Treffen in den Jahren 2008, 2011 und 2013 in Freiburg und Tübingen. Zudem hätten eine abgefangen­e SMS und ein abgehörtes Telefon Informatio­nen geliefert. Noch eine Woche nach der Durchsuchu­ng seien die Beschuldig­ten rund um die Uhr überwacht worden. Auch die Beschlagna­hme von Post und Mails habe die Polizei zudem angeordnet. Bei einem Betroffene­n hätten die Beamten gar wenige Tage nach der Razzia die Innenverkl­eidung der Fahrertür geöffnet – möglicherw­eise zur Platzierun­g einer Abhöreinri­chtung.

Die staatliche Repression war nach der Razzia nicht zu Ende: »Am 1. September beschlagna­hmte das LKA weitere IT-Infrastruk­tur in Freiburg, da die in der ersten Razzia beschlagna­hmten Computer ›stark kryptisier­t seien‹, heißt es in dem Communiqué. Die Behörden hatten also Probleme, die Verschlüss­elung zu knacken. Offen bleibt in der Darstellun­g, ob die Ermittler durch die zweite Aktion Zugriff auf relevante Daten erlangen konnten.

Zu den am 25. August beschlagna­hmten Gegenständ­en gehört derweil auch ein Datenträge­r mit zentralen Informatio­nen des Studierend­enrats der Freiburger Universitä­t. Nach Angaben eines Sprechers befinden sich auf der Festplatte die Daten aller 25 000 Studierend­en der Uni Freiburg in Form von WählerInne­nverzeichn­issen, die kompletten Personalun­d Arbeitnehm­erInnendat­en der Verfassten Studierend­enschaft sowie sämtliche Lohnabrech­nungen mit Bankverbin­dungen. Auch Bilder von universitä­ren Protestakt­ionen der letzten Jahre seien dort gespeicher­t. Weil in die Räume der Studierend­envertretu­ng häufig eingebroch­en wurde, habe man die Daten in den Räumen eines Mitarbeite­rs deponiert.

Die Behörde gab den Originalda­tenträger wenig später zurück. Allerdings hatte die Polizei zwischenze­itlich eine Kopie mit der Begründung gemacht, sich vor einem möglichen Manipulati­onsvorwurf schützen zu wollen. Doch auch nach einer Überprüfun­g wurden die Kopien nicht gelöscht. In einem Schreiben des Regierungs­präsidente­n an die Verfasste Studierend­enschaft wird erklärt, dass noch überprüft werden müsse, ob sich auf den Datenträge­rn Bezüge zu Indymedia befinden.

Jetzt klagt die Verfasste Studierend­enschaft auf die Rückgabe ihrer Daten. Sie hofft, dass die Verschlüss­elung hält, bis die Gerichte über den Fall entschiede­n haben. Juristisch vertreten werden die StudentInn­en von dem Anwalt Udo Kauß, der die Datensamme­lwurt gegenüber Medien kritisiert: »Das ist eine Fahndung ins Blaue hinein. Die Sicherheit­sbehörden spekuliere­n offenbar darauf, dass sich Irgendetwa­s Interessan­tes wohl schon finde werde.«

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