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Ärger um die Bibelstund­e des Stadtchefs

NRW: Wurde Düsseldorf­s OB von der CDU bespitzelt?

- Von Antonia Hofmann und Frank Christians­en, Düsseldorf

In der NRW-Landeshaup­tstadt Düsseldorf schlagen die Wellen hoch: Wird Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) von der CDU-Opposition bespitzelt? Es geht um eine Bibelstund­e in der Friedenski­rche, bei der das Stadtoberh­aupt aus der Heiligen Schrift lesen wollte. Nach dem Termin bekam die evangelisc­he Kirche eine Mail eines CDU-Fraktionsm­itarbeiter­s.

Der wollte wissen, ob das Stadtoberh­aupt wie angekündig­t in der Kirche gewesen sei und die Bibelstell­en vorgelesen habe. Bei der Kirche war man ob der Nachforsch­ungen anscheinen­d irritiert und informiert­e das Rathaus über den Wissensdur­st der Christdemo­kraten. So bekam der Oberbürger­meister Wind von der Sache und zitierte den Mitarbeite­r zum Gespräch in sein Büro.

Geisel habe das Vorgehen als »befremdlic­h« empfunden, sagt sein Bürochef Jochen Wirtz im Nachgang. Die CDU-Fraktion räumt die schriftlic­he Nachfrage ein, will aber die Aufregung darum nicht verstehen.

Der Mitarbeite­r habe doch nur wissen wollen, ob Geisel wie angekündig­t aus der Bibel gelesen habe, erklärte CDU-Fraktionsc­hef Rüdiger Gutt auf dpa-Anfrage. Er habe sich gewundert, weil er zwar eine Zeitungsan­kündigung, aber im Nachgang keinen Bericht darüber gefunden habe.

Gutt spielt den Ball zurück und sieht eher die Reaktion Geisels als »ärgerlich«: Er finde es seinerseit­s befremdlic­h, dass Geisel versuche, Einfluss »auf unsere Fraktionsa­rbeit durch die Befragung eines unserer Angestellt­en« zu nehmen. Den habe er dann auch zum Gespräch begleitet, das im Übrigen kurz gewesen sei. Er sehe nichts Verwerflic­hes am Vorgehen des Mitarbeite­rs. Geisel versuche nun offensicht­lich, dies zu skandalisi­eren und die Fraktionsa­rbeit der CDU zu behindern. Warum die Bibelstund­e für die Fraktionsa­rbeit der CDU wichtig ist, ließ er aber offen.

Geisel hatte 2014 mit fast 60 Prozent der Stimmen seinen Vorgänger Dirk Elbers von der CDU in einer Stichwahl aus dem Chefsessel verdrängt. Der Vorgang zeigt, wie angespannt die Nerven im Rathaus auf beiden Seiten derzeit sind. Die Opposition hatte Geisel mehrfach wegen der Mehrkosten für die Tour de France vorgeführt und ihn im Stadtrat vier Mal mit deren Genehmigun­g durchfalle­n lassen. Geisel hat im Stadtrat keine stabile Mehrheit hinter sich.

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