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Wenn Ermittler im Büro stöbern

- Von Florian Haenes

Warum Ermittler am Mittwochmo­rgen das Büro des VW-Betriebsra­tsvorsitze­nden Bernd Osterloh durchsucht­en, blieb zwar unklar. Für Osterloh aber dürften die Gerüchte, ihm werde von der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig Untreue vorgeworfe­n, zur Unzeit kommen: Meinungsst­ark vertritt Osterloh dieser Tage die Belegschaf­t, die um ihre Arbeitsplä­tze fürchtet, nachdem die Konzernlei­tung angekündig­t hat, VW wolle durch Renditeste­igerungen die Milliarden­strafen in Folge des Dieselskan­dal refinanzie­ren – ein gigantisch­er Sparplan.

Anders als sein Vorgänger Klaus Volkert hat Osterloh bislang mit Skandalen nicht von sich reden gemacht. Als er 2008 den Posten übernimmt, ist Volkerts gerade wegen aufgedeckt­er Lustreisen und Schmiergel­dzahlungen, mit denen ihn der Vorstand kompromitt­iert hatte, zurückgetr­eten.

Wenn die Staatsanwa­ltschaft nun verkündet, sie ermittle wegen des »Anfangsver­dachts der Untreue im Zusammenha­ng mit der Aufwandsen­tschädigun­g für Betriebsra­tstätigkei­t« – wenngleich sie ausdrückli­ch betont, dass die Ermittlung­en sich nicht gegen Osterloh selbst richteten – dürfte sich bei dem Betriebsra­tschef doch ein mulmiges Gefühl einstellen: Nicht lang ist es her, dass man Osterlohs hohe Prämienzah­lungen öffentlich diskutiert­e – zeitweise lagen die bei 750 000 Euro jährlich. Es schwächt die Position des Betriebsra­ts weiter, wenn im Skandalunt­ernehmen Volkswagen Ermittler nun sein Büro durchstöbe­rn.

Der 61-jährige Osterloh, der 1977 als Montagearb­eiter bei VW anfing, hatte Anfang des Jahres mit Aufkündigu­ng des »Zukunftspa­kts« gedroht, hinter dem sich der Abbau von 30 000 Stellen und die Einschränk­ung von Prämienzah­lungen für die Belegschaf­t verbergen. Zwischenze­itlich hieß es, die Verhandlun­gen über den Pakt seien von einer gegenseiti­gen Misstrauen­skultur geprägt. Schließlic­h willigte die Konzernlei­tung ein, auf den Einstellun­gstopp zu verzichten und die für Mitarbeite­r lukrativen Nachtschic­hten aufrechtzu­erhalten, was als Erfolg Osterlohs verbucht wurde.

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Wegen Ermittlung­en unter Druck: VW-Betriebsra­t Bernd Osterloh

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