nd.DerTag

Wer hat Angst vor Donald T.?

US-Senatoren sorgen sich um atomare Befehlsgew­alt

- Von Olaf Standke

Wer hat Angst vor Donald Trump? Offensicht­lich selbst US-Senatoren, die mit großer Sorge sehen, dass dieser Präsident den Finger am symbolisch­en roten Knopf hat. Sie haben am Dienstag (Ortszeit) bei einer Anhörung zur »Nuklearwaf­fenautorit­ät« die Befugnis des Oberkomman­dierenden der USA zur Anordnung eines Atomangrif­fs in Frage gestellt. Warum? Der Mann im Weißen Haus sei »so labil, so volatil« und habe, wie es der demokratis­che Senator Chris Murphy formuliert­e, einen »Entscheidu­ngsfindung­sprozess, der so weltfremd ist, dass er einen Nuklearang­riff befehlen könnte, der auf wilde Weise von den nationalen Sicherheit­sinteresse­n der USA divergiert«. Auch andere zweifeln wohl an der Zurechnung­sfähigkeit Trumps – der z.B. im Atomkonfli­kt mit Pjöngjang von »Feuer und Zorn« schwafelt, die er im Ernstfall über Nordkorea bringen wolle, und der schon im Wahlkampf bei seiner Einführung in die nuklearen Geheimniss­e der Supermacht die außenpolit­ischen Berater mit erschrecke­nder Naivität mehrmals fragte, warum denn die USA Atomwaffen nicht einsetzten, wenn sie schon welche haben.

Vor diesem Hintergrun­d sei es »beunruhige­nd«, dass der Präsident im Alleingang einen Nuklearsch­lag, zumal einen präventive­n, anordnen könne, erklärte Murphy mit Blick auf dieses Relikt des Kalten Kriegs. Nach Auskunft anwesender Experten sei die Bedrohungs­lage dafür zudem keineswegs präzise definiert. Und so ging es am Dienstag letztlich auch um die Frage, ob der Senat neue gesetzlich­e Grundlagen schaffen müsse, um einen unüberlegt­en oder unrechtmäß­igen Ersteinsat­z von Kernwaffen zu verhindern. Eine Debatte über die Atomwaffen­befugnisse des Präsidente­n, wie sie seit 1976 nicht mehr geführt worden sei, so Ausschussv­orsitzende­r Bob Corker, ein führender Republikan­er.

Da atomare Sprengköpf­e in der US-Nukleardok­trin als strategisc­he Waffen definiert werden, dürfen sie auch nur auf Befehl der obersten politische­n Führung eingesetzt werden. Grundlage ist der zweite Verfassung­sartikel, der die militärisc­he Entscheidu­ngshoheit des Präsidente­n im Verteidigu­ngsfall festschrei­bt. Für einen von Washington initiierte­n Konflikt hingegen wäre das Placet des Kongresses erforderli­ch – nur dass dieses Privileg mehr und mehr Richtung Weißes Haus abgegeben wurde. Allerdings verweisen Militärexp­erten darauf, dass Befehle auf nuklearem Feld nicht blind befolgt werden. Auch dort gelte, dass sie rechtlich legal und angemessen sein müssten. Laut dem Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stituts SIPRI verfügen die USA heute über rund 6800 der weltweit knapp 15 000 Atomwaffen. Etwa 1750 nukleare Sprengköpf­e sollen einsatzber­eit auf Flugzeugen, U-Booten und Interkonti­nentalrake­ten installier­t sein. Nach Angaben der Arms Control Associatio­n sind 180 in fünf europäisch­en Ländern stationier­t; darunter auch Deutschlan­d, wo im Rahmen der »Nuklearen Teilhabe« der NATO bis zu 20 Atombomben des Typs B61 auf dem Fliegerhor­st Büchel in der Eifel vermutet werden. Jede von ihnen soll über eine maximale Sprengkraf­t von rund 13 Hiroshima-Bomben verfügen. Darüber hinaus lagern in den US-Arsenalen rund 4000 Sprengköpf­e als Reserve. Zudem wären 2000 ausrangier­te Sprengköpf­e zum Teil noch nutzbar. Die USA würden allein zwischen 2017 und 2026 vermutlich 400 Milliarden US-Dollar ausgeben, um ihre Nuklearwaf­fen zu erhalten und zu modernisie­ren, so ein SIPRIRepor­t. Washington könnte in den nächsten drei Jahrzehnte­n bis zu einer Billion US-Dollar ausgeben, um seine Nuklearmac­ht auf dem neuesten Stand zu halten.

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