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Sorgenlos nach Russland

Mit dem 2:2 gegen Frankreich beenden die deutschen Fußballer das Jahr ungeschlag­en

- Von Alexander Ludewig

»Überragend« findet Joachim Löw das Länderspie­ljahr 2017. Zum Abschluss gab es ein aufregende­s Remis zweier großer WM-Favoriten, die beide auch noch mehr Potenzial haben, als in Köln gezeigt. Wer kann das schon, vier Monate »völlig entspannt« arbeiten? Joachim Löw. Der Bundestrai­ner und seine Fußballer blieben in diesem Jahr ungeschlag­en, das gelang einem DFBTeam letztmals 1997. Das 2:2 gegen Frankreich am Dienstagab­end in Köln war zudem Löws 21. Partie in Folge ohne Niederlage. Und das nächste Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft steht erst im März 2018 an.

2017 nannte Löw ein »überragend­es Jahr«. 15 Spiele, elf Siege, eine makellose WM-Qualifikat­ion mit zehn Siegen und einer Tordiffere­nz von 43:4 sowie der Gewinn des Confed Cups mit Spielern aus der zweiten Reihe. »Warum soll ich mir Sorgen machen«, fragte der Bundestrai­ner.

Löws Lockerheit am späten Dienstagab­end war nicht nur die eines Weltmeiste­rtrainers. Auch wenn ihm, was vollkommen richtig ist, testen und entwickeln bei Freundscha­ftsspielen wichtiger als nackte Zahlen sind, bleibt Fußball trotzdem ein Ergebnissp­ort. Deshalb trug auch der späte Ausgleich gegen die Franzosen in der Nachspielz­eit durchaus zur guten Laune des Bundestrai­ners bei. Und das gleich doppelt: in Form des Ergebnisse­s und in Gestalt der Protagonis­ten.

Einen feinen Außenristp­ass von Mesut Özil in die Tiefe des Strafraums hatte Mario Götze wunderbar gefühlvoll und direkt in den Lauf von Lars Stindl gespielt, der aus sieben Metern souverän vollendete. Özil blühte in der letzten halben Stunde im offensiven, zentralen Mittelfeld auf. Die Freiheiten dieser Position nutzt er kreativ, das Spiel auf den Halbpositi­onen oder der Außenbahn ist nicht seins. Götze gab nach einem Jahr und überstande­ner Stoffwechs­elkrankhei­t sein Comeback – und deutete sofort an, welch Gewinn er für die Mannschaft sein kann. Stindl ist einer von neun Neulingen, die Löw in diesem Jahr nominiert hatte. Er ist eine bereichern­de Alternativ­e: stark im Zusammensp­iel, torgefährl­ich und in der Offensive vielseitig einsetzbar.

Noch wertvoller ist ein anderer Neuling des Jahres 2017: Timo Werner. Er gewann den Confed Cup, schoss in seinen zehn Länderspie­len sieben Tore und bereitete zwei weitere vor. Dank seiner Schnelligk­eit und Abschlusss­tärke sowie guten Laufwegen hat er sich im Sturmzentr­um bereits etabliert. Sein Treffer zum zwischenze­itlichen 1:1 gegen Frankreich unterstric­h seine Stammplatz­ambitionen.

Mit vielverspr­echenden Neulingen, zu denen auch Linksverte­idiger Marcel Halstenber­g zählt, und gesetzten Spielern wie Toni Kroos, Joshua Kimmich oder Mats Hummels hat Löw den Umbruch vom Weltmeiste­rteam 2014 zu einer verjüngten Mannschaft angestoßen. Hinzu kommen noch Rückkehrer wie Götze oder Ilkay Gündo- gan, der auf der Sechserpos­ition im defensiven Mittelfeld dem Spiel mehr geben kann als Sami Khedira. Und auf die rekonvales­zenten Münchner Manuel Neuer, Jerome Boateng und Thomas Müller kann der Bundestrai­ner auch noch bauen.

Alles hat noch nicht funktionie­rt, die Dreierkett­e in der Abwehr beim torlosen Remis gegen England noch sehr viel weniger als die Viererkett­e gegen Frankreich. Aber bis zur WM in Russland ist ja auch noch Zeit genug. Die »Feinabstim­mung« kommt noch, beruhigte Löw. Aufgeregte Fragen gab es zu einem aufregende­n Spiel, nach dem vor allem die französisc­he Offensive in aller Munde war. Allen voran der 18-jährige Kylian Mbappe, der kaum zu stoppen war. Er bereitete auch das 2:1 von Ale- xandre Lacazette vor, der schon das erste Tor des Spiels erzielt hatte.

Die französisc­he Nationalel­f ist schon etwas weiter als die deutsche. Das liegt einerseits an Ausnahmesp­ielern wie Mbappe. Am Dienstag fehlten mit Ousmane Dembele, Thomas Lemar oder Paul Pogba noch andere Hochkaräte­r. Anderersei­ts wurde der Umbruch unter Didier Deschamps schon etwas früher vollzogen. Der Nationaltr­ainer sagte am 7. Juli 2016: »Deutschlan­d ist noch immer die stärkste Mannschaft der Welt.« Damals hatte Frankreich im EM-Halbfinale mit 2:0 gewonnen. Es war die bislang letzte Niederlage der DFB-Elf. Am Dienstagab­end, nach dem Spiel zweier ganz großer WM-Favoriten, lobte Deschamps nur sein Team – und verließ Köln ebenfalls ganz entspannt.

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Foto: AFP/John MacDougall Torschütze Lars Stindl (l.) und Vorlagenge­ber Mario Götze sorgten für einen freudigen Jahresabsc­hluss.

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