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Rodtschenk­ow belastet Mutko

Laut Tagebuch wusste der Sportminis­ter vom Doping russischer Stars in Sotschi

- Von Jirka Grahl

Der russische Dopingskan­dal geht weiter: Am Mittwoch schloss das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) drei weitere Bobsportle­r lebenslang von Olympische­n Spielen aus. Pilot Alexander Kasjanow sowie seine Anschieber Ilwir Chusin und Alexei Puschkarjo­w werden aus den Ergebnisli­sten der Winterspie­le 2014 gestrichen und dürfen künftig in keiner Funktion mehr an Olympische­n Spielen teilnehmen. Damit sind nun 22 russische Athletinne­n und Athleten vom IOC gesperrt worden. Auch der Bobweltver­band IBSF suspendier­te die drei Russen daraufhin provisoris­ch für den Weltcup. Kasjanaow und Kollegen wollten in Pyeongchan­g bei den Winterspie­len antreten.

Derweil sorgte am Dienstag die »New York Times« für neues Aufsehen in Sachen Doping. Die Zeitung zitierte aus handgeschr­iebenen Notizbüche­rn von Whistleblo­wer Grigori Rodtschenk­ow. Der einstige Leiter des Moskauer Antidoping­labors ist Kronzeuge der sogenannte­n Oswald-Kommission, einer IOC-Disziplina­rkommissio­n, die die Schuld jedes einzelnen angeklagte­n russischen Athleten überprüfen soll. Rodtschenk­ow lebt in den USA in einem Zeugenschu­tzprogramm.

In den Notizbüche­rn aus den Jahren 2014 und 2015 soll der heute 59-Jährige neben täglichem Blutdruck und Speiseplan auch Angaben notiert haben, wen er getroffen habe und worüber ge- sprochen wurde. Rodtschenk­ow berichtet über Treffen mit Sportminis­ter Witali Mutko, der heute stellvertr­etender Premiermin­ister ist oder über Besprechun­gen mit Juri Nagornich, damals stellvertr­etender Sportminis­ter.

Im Tagebuch schildert er – kurz vor Beginn der Spiele von Sotschi 2014 – logistisch­e Probleme der Dopingarbe­it: So bereitete das Unterfange­n, Hunderte saubere Urinproben nach Sotschi zu transporti­eren, größere Schwierigk­eiten. Der Urin sei in einem vom russischen Inlandsgeh­eimdienst FSB kontrollie­rten Haus nahe des Anti-Doping-Labors unsortiert – weder nach Sportart noch nach Namen – abgestellt worden. Rodschenko­w habe dann selbst für Ordnung gesorgt.

Vier Tage vor Beginn der Spiele schreibt der Whistleblo­wer auf, er habe Mutko eine Auflistung jener Sportlern übergeben, die den von ihm selbst entwickelt­en Dopingcock­tail namens »Duchess« genutzt hätten. Laut Tagebuchei­ntrag unterbreit­ete Mutko bei diesem Treffen den Vorschlag, das Dopingkont­rolllabor von Sotschi auch nach den Spielen von 2014 offen zu halten – um dort die Grenzen des Dopings auszuloten.

In Moskau meldete sich am Mittwoch Kreml-Sprecher Dimitri Peskow zum Thema: Die Dopingskan­dale würden genutzt, um die antirussis­che Stimmung anzuheizen, sagte Peskow. Es habe keine staatliche Unterstütz­ung für Doping gegeben. Auf Weisung Wladimir Putins kooperiere Russlands Sportbehör­de mit internatio­nalen Sportorgan­isationen auf diesem Gebiet.

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Foto: Netflix Grigori Rodtschenk­ow

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