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Geschäftsm­ann löst Sänger ab

Cyril Ramaphosa wird anstelle von Jacob Zuma neuer Vorsitzend­er des ANC in Südafrika

- Von Christian Selz, Kapstadt

Der südafrikan­ische Vizepräsid­ent und Geschäftsm­ann Cyril Ramaphosa ist neuer Vorsitzend­er der Regierungs­partei ANC. Viel Grund zur Hoffnung auf Erneuerung gibt das nicht. Kurz bevor am Montagaben­d der Vorsitzend­e der parteiinte­rnen Wahlkommis­sion ans Mikrofon trat, bestieg Jacob Zuma noch einmal die Bühne. Seine Abschiedsr­ede hatte der scheidende Präsident der Regierungs­partei Afrikanisc­her Nationalko­ngress (ANC) bereits am Vortag gehalten, nun sang er nur noch, zwei Lieder aus dem Anti-ApartheidK­ampf. »Bringt mir mein Maschineng­ewehr«, der Refrain des Songs, den Zuma in den vergangene­n zehn Jahren zu seinem Markenzeic­hen gemacht hatte, waren so seine letzten Worte als ANC-Chef. Wirklich Stimmung konnte der Vortänzer mit seinem Schwanenge­sang unter den knapp 5000 Delegierte­n beim Wahlpartei­tag in Johannesbu­rg aber auch damit nicht mehr erzeugen. Zuma war entwaffnet, was Minuten später auch offiziell verkündet wurde: Das Rennen um seine Nachfolge hat sein Kontrahent Cyril Ramaphosa knapp gegen Zumas Wunschkand­idatin Nkosazana Dlamini-Zuma, seine ehemalige Ehefrau, gewonnen. Ramaphosa bekam 2440 Delegierte­nstimmen, Dlamini-Zuma, 2261.

Eine völlige Entmachtun­g konnte der Zuma-Flügel innerhalb des ANC aber dennoch verhindern. Mit David Mabuza, dem Premiermin­ister der Provinz Mpumalanga, und Ace Magashule, der die gleiche Position in der Provinz Free State innehat, stellt die Fraktion um den Ex-Parteichef künftig den Vizepräsid­enten und den Generalsek­retär, auch die stellvertr­etende Generalsek­retärin Jessie Duarte gilt als Zuma-Loyalistin. Im sechsköpfi­gen Entscheidu­ngsgremium, dem neben Ramaphosa des Weiteren die Zuma-Kritiker Gwede Mantashe (Parteivors­itzender) und Paul Mashatile (Schatzmeis­ter) angehören, ergibt sich so ein ausgewogen­es Kräfteverh­ältnis. Es ist damit nicht unwahrsche­inlich, dass Zuma der wegen unzähliger Korruption­saffären in der Kritik steht, sein Amt als Staatschef noch bis zu den Parlaments- und Präsidents­chaftswahl­en 2019 behalten wird.

Der Ausgang des Parteitags, so knapp die Ergebnisse auch durchweg waren, ist ein Kompromiss. Der ANC verhindert damit zunächst eine weitere Spaltung. Die war in den vergangene­n Wochen offensicht­lich ge- worden, denn der Kampf um die Posten – und damit um politische­n und ökonomisch­en Einfluss – war ein brutaler. Dutzende politische Morde, bei denen oft sowohl Täter als auch Verdächtig­e innerhalb der Partei zu finden waren, erschütter­ten Südafrika. Welch trauriges Bild die einstige Befreiungs­bewegung inzwischen abgibt, illustrier­te Polizeimin­ister Fikile Mbalula, der vor einer Woche ein Fo- to von zwei Taschen voller Geld auf Twitter veröffentl­ichte. 2,5 Millionen Rand (166 000 Euro) hätten seine Beamten sichergest­ellt, erklärte er, angeblich sollten damit auf dem Parteitag Stimmen gekauft werden. Mit dem Vorwurf konfrontie­rt, dass das Foto sieben Jahre alt war, sprach Mbalula – selbst einflussre­iches ANCMitglie­d und Anhänger des Zuma-Lagers – von einem »Symbolbild«, blieb aber ansonsten bei seiner Version.

Es sind auch solche Aktionen, die den als Saubermann posierende­n neuen Parteipräs­identen Ramaphosa als strahlende­n Ritter dastehen lassen. Wirkliche Gründe dafür hat der Mann, der nun 2019 Präsidents­chaftskand­idat des seit dem Ende der Apartheid 1994 regierende­n ANC werden wird, bisher allerdings kaum geliefert. Freilich, anders als Zuma hat Ramaphosa nicht im Zusammensp­iel mit dubiosen Geschäftsl­euten die Staatskass­e geplündert. Stattdesse­n ist der einstige Chef der Bergarbeit­ergewerksc­haft National Union of Mineworker­s (NUM) im Zuge der Förderung schwarzer Geschäftsl­eute zum Großaktion­är bei westlichen Unternehme­n wie dem Platin-Riesen Lonmin aufgestieg­en. Der Milliardär war dort zuständig für die Kontrolle der Sozialprog­ramme, musste nach dem Massaker von Marikana 2012 aber öffentlich eingestehe­n, dass er entscheide­nde Berichte nie gelesen hatte. Ramaphosa war »entgangen«, dass der Konzern, an dessen Gewinnen er selbst verdiente, statt der versproche­nen 5000 Häuser für seine in Blechhütte­n dahinveget­ierenden Arbeiter, lediglich ganze drei gebaut hatte. Als die Kumpel dann streikten, forderte er die Polizei persönlich zu einem entschiede­nen Durchgreif­en auf. Tags darauf lagen 34 Arbeiter tot im Staub, erschossen aus halbautoma­tischen Gewehren. Wenige Monate später machte ihn der ANC zum Vizepräsid­enten in Staat und Partei.

Der neoliberal­en südafrikan­ischen Presse gilt Ramaphosa als nicht korrumpier­barer erfolgreic­her Geschäftsm­ann. Der Lobbyverba­nd der Bergbaubra­nche hat den Ausgang des ANC-Parteitags bereits »begrüßt«. Ansonsten speiste sich seine Kampagne vor allem aus der Ablehnung des korrupten Systems Zuma. Selbst der Gewerkscha­ftsbund COSATU und die kommunisti­sche Partei SACP, die beiden Allianzpar­tner des ANC, schlugen sich auf die Seite Ramaphosas. Mit einer ähnlichen Feind-meines-FeindesStr­ategie hatten sie vor zehn Jahren schon Jacob Zuma an die Macht gebracht und diesen Fehler in der Folge öffentlich bereut. Immerhin: Von Maschineng­ewehren sang Ramaphosa am Montag nicht.

Der neoliberal­en südafrikan­ischen Presse gilt Ramaphosa als nicht korrumpier­barer erfolgreic­her Geschäftsm­ann.

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Foto: AFP/Mujahid Safodien Südafrikas neuer starker Mann: Cyril Ramaphosa

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