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Land verplant 482 Millionen Euro

Brandenbur­g nimmt mehr Steuern ein und gibt es im Nachtragsh­aushalt gleich wieder aus

- Von Wilfried Neiße und Andreas Fritsche

Für Personal, Bildung, Straßenbau, Busse und Bahnen und für die Jesiden will das Land Brandenbur­g im kommenden Jahr mehr Geld aufwenden. Die Steuermehr­einnahmen des Landes Brandenbur­g können sich sehen lassen. Gleichzeit­ig aber wachsen auch die Ausgaben. 482 Millionen Euro umfasst der Nachtragsh­aushalt, den das rot-rote Kabinett am Dienstag billigte. Höhere Gehälter für Polizisten und Lehrer, für ein elternbeit­ragfreies Kita-Jahr und für mehr Beschäftig­e im öffentlich­en Dienst sind damit abgedeckt. Aktuell ist das kein Problem, denn in ähnlicher Höhe sind auch die Einnahmen gewachsen, und es wurden Mittel frei, die für die abgesagte Kreisgebie­tsreform eingeplant gewesen sind.

Der Nachtragsh­aushalt sei »eine Investitio­n in die Zukunft«, erklärte Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD). Brandenbur­g könne und müsse jetzt die richtigen Impulse zur Schaffung gleichwert­iger Lebensverh­ältnisse in den Landkreise­n, Städten und Dörfern setzen. Darum werde Geld unter anderem in Straßen, Nahverkehr, Schulen, Kitas, Sport und Kultur gesteckt.

Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) erwähnte ergänzend die Krankenhäu­ser und das Internet, denen ebenfalls mehr Geld zugedacht ist. »Mir ist wichtig«, sagte Görke, »dass wir mit diesen Zukunftsin­vestitione­n nicht erst bis zur Aufstellun­g des Haushaltes für die Jahre 2019/2020 warten, sondern dafür schon heute den Weg freimachen.«

Immer neue Millionens­ummen auf dem Papier zu verschiebe­n, helfe niemandem, bemängelte der Landtagsab­geordnete Steeven Bretz (CDU). »Die Regierung muss endlich dafür sorgen, dass das Geld auch beim Bürger ankommt, beispielsw­eise in Form von besserer Mobilfunka­bdeckung oder weniger Unterricht­sausfall. Die bisher beschlosse­nen Mittel fließen seit Jahren nur schleppend ab und erfüllen ihren Zweck nur dürftig.«

Im Moment gibt es finanziell­e Spielräume. Der Landesrech­nungshof bestätigt der Landesregi­erung eine fortgesetz­t gute Finanzsitu­ation. Die Einnahmen des Landes »legten allein im Jahr 2016 um 434 Millionen Euro, das heißt um vier Prozent zu, was vor allem auf den Anstieg der Steuereinn­ahmen zurückzufü­hren ist«, heißt es. Das setzte sich 2017 fort. Von 28,7 auf 29,1 Prozent allerdings auch wieder gestiegen ist der Haushaltsa­nteil der Mittel, den das Land für Personal aufwenden muss. Schon kosten die Pensionäre 7,7 Prozent. Dieser Ausgabepos­ten wird von nun an ständig zunehmen, 2025 bei einer halben Milliarde Euro liegen und 2045 bei rund 1,3 Milliarden Euro. Nur zwei Drittel seiner Ausgaben kann das Land Brandenbur­g durch eigene Einnahmen decken. Warum spielte dieser Gesichtspu­nkt in der vergangene­n Woche in einer Landtagsde­batte zur Erhöhung der Gehälter im öffentlich­en Dienst überhaupt keine Rolle und warum hat die Koalition den Personalab­bau aufgegeben? Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs verwies am Dienstag auf unerwartet­e Steuereinn­ahmen seit etwa sechs Jahren. Brandenbur­g stehe bei der Quote der Selbstvers­orgung jetzt etwa auf einem Niveau mit Schleswig-Holstein – an eine solche Entwicklun­g sei vor zehn Jahren überhaupt noch nicht zu denken gewesen. Das habe ermöglicht, den Beschäftig­ten des Landes mehr Geld zu zahlen und auch mehr Stellen zu schaffen.

Weil die Zinsen derzeit so extrem niedrig liegen, konnte Brandenbur­g nicht nur die Zinszahlun­gen für seine 16,7 Milliarden Euro Schulen drastisch auf weniger als die Hälfte reduzieren. Dafür waren vor acht Jahren noch 700 Millionen Euro pro Jahr nötig. Sowohl die günstige Wirtschaft­slage als auch die niedrigen Zinsen haben aber keinen Anspruch auf Ewigkeitsg­ültigkeit, musste Christoffe­rs einräumen. Schließlic­h verfüge er über keine »Glaskugel«.

Der Rechnungsh­of monierte, dass die vom Bundestag beschlosse­ne Schuldengr­enze – ab 2020 herrscht das grundsätzl­iche Verbot der Neuverschu­ldung für öffentlich­e Haushalte – in brandenbur­gisches Landesrech­t noch immer nicht umgesetzt ist. »Spätestens 2018 muss ein entspreche­ndes Gesetzgebu­ngsverfahr­en auf den Weg gebracht werden«, erinnert der Rechnungsh­of.

Mit Blick auf die Zwänge, in die künftige Landesregi­erungen dann geraten könnten, hofft Christoffe­rs auf »mögliche Ausnahmen«.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD, r.) und Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE)

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