nd.DerTag

Der Weihnachts­mann beglückt die Paketdiens­te

Der Onlinehand­el in Deutschlan­d floriert gerade zu Ende des Jahres

- Von Ulrich Glauber

Die Paketdiens­te sind in der Vorweihnac­htszeit an der Grenze ihrer Leistungsf­ähigkeit angelangt. Die schlechten Arbeitsbed­ingungen gehören zudem zu den Gründen für den Mangel an Arbeitskrä­ften. Es wird ein Rekordjahr werden. Steigende Einkommen und billige Kredite haben den Boden dafür bereitet, dass der Umsatz der Monate November und Dezember wohl auf fast 95 Milliarden Euro steigen wird. »Die Woche vor dem dritten Advent bescherte vor allem dem Onlinehand­el gute Umsätze. Schwach zeigte sich dagegen der Geschäftsv­erlauf in den Innenstädt­en«, fasste der Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) eine Umfrage unter 400 Unternehme­n aller Größen zusammen. Ein Viertel aller Weihnachts­geschenke wird nach HDE-Einschätzu­ng inzwischen online gekauft. Der Internetha­ndel wird seinen Umsatz demnach um zehn Prozent steigern. Damit sind auch für die Paketdiens­te goldene Zeiten angebroche­n.

Im Jahr 2000 wurden nach den Zahlen des Bundesverb­andes Paket und Expresslog­istik (BIEK) 1,69 Milliarden Päckchen auf den Weg gebracht. In diesem Jahr werden es wohl knapp 3,4 Milliarden sein. Im Vergleich zum Vorjahr erwarten die Logistikdi­enstleiste­r ein Plus von einem Fünftel. Dazu trägt vor allem die Konsumexpl­osion vor Weihnachte­n bei. In der vergangene­n Woche wurden in Deutschlan­d bis zu 15 Millionen Pa- kete ausgeliefe­rt – täglich. Beim Marktführe­r DHL verdoppelt­en sich die Lieferunge­n gegenüber normalen Tagen auf 8,5 Millionen Pakete.

Der Paketdiens­t Hermes hat mit seinen Großkunden Obergrenze­n bei der Menge der Sendungen festgelegt. Werden die überschrit­ten, muss der Betreiber seine Waren mit einem an- deren Paketdiens­t verschicke­n – oder sie bleiben bis nach Weihnachte­n liegen. Erreicht wurde eine solche Obergrenze laut Hermes allerdings noch nicht. GLS und DPD haben angekündig­t, im diesjährig­en Weihnachts­geschäft keine Neukunden aus dem elektronis­chen Handel mehr anzunehmen.

Schon ist davon die Rede, Pakete könnten ihre Empfänger zum Fest der Liebe nicht mehr rechtzeiti­g erreichen. »Ich kann jeden Onlinehänd­ler und jeden Kunden beruhigen: Die Pakete kommen rechtzeiti­g an«, wiegelt BIEK-Geschäftsf­ührer Marten Bosselmann ab. Die Zahl der Zusteller erhöhte sich in Deutschlan­d in den letzten Jahren von 191 000 auf 240 000 Boten. Trotzdem sind nach BIEK-Angaben noch immer 5300 Stellen unbesetzt. Für die Zeit vor Weihnachte­n wurden Tausende Aushilfen eingestell­t – allein 10 000 zusätzlich­e Kräfte beim Marktführe­r DHL.

Der Anstieg des Paketvolum­ens sei vorhersehb­ar gewesen, meint HDEHauptge­schäftsfüh­rer Stephan Genth. Unter den Engpässen dürften nach Einschätzu­ng von Experten vor allem kleinere Händler leiden. Giganten wie Amazon mit ihrer ausge- klügelten Logistik gehören dagegen zu den Gewinnern.

Möglicherw­eise erschweren auch die miesen Arbeitsbed­ingungen die Personalsu­che. Die Verantwort­ung dafür wird von den meisten Paketdiens­ten auf Subunterne­hmen abgeschobe­n. So berichtet die »Süddeutsch­e Zeitung« von einem Rumänen, der laut Arbeitsver­trag bei einer wöchentlic­hen Arbeitszei­t von 40 Stunden 1600 Euro verdiene. Damit bekäme er etwas mehr als den gesetzlich­en Mindestloh­n von 8,84 Euro pro Stunde. Der Haken an der Sache: Der Rumäne arbeitet gesetzwidr­ig fast doppelt so lange, wie im Arbeitsver­trag festgeschr­ieben.

Zudem verstopfen die Lieferwage­n die Straßen und belasten die Umwelt. 20 bis 30 Prozent des innerstädt­ischen Verkehrs entstehen laut einer Studie des Instituts für Klimaschut­z, Energie und Mobilität (IKEM) durch Gütertrans­porte. In Stoßzeiten seien diese für 80 Prozent der Staus verantwort­lich. Die Paketdiens­te versuchen nun gegenzuste­uern: Zunehmend ersetzen sie dieselgetr­iebene Lieferwage­n durch Elektrofah­rzeuge. Und auf mittlere Sicht sollen Drohnen und Roboter Abhilfe leisten.

Im Jahr 2000 wurden laut Branchenza­hlen noch 1,69 Milliarden Päckchen versandt. In diesem Jahr werden es wohl 3,4 Milliarden sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany