nd.DerTag

Stärkere Regulierun­g – gut für Bankkunden?

Geldanlage Mifid

-

Am 3. Januar 2018 tritt die europäisch­e Finanzmark­trichtlini­e Mifid II in Kraft. Das Regelwerk umfasst 20 000 Seiten und soll mehr Transparen­z für Verbrauche­r schaffen.

Von Hermannus Pfeiffer

»Mit Essen spielt man nicht«, meinte Fabio De Masi, damals noch linker deutscher Abgeordnet­er im Europäisch­en Parlament. Seine Kritik galt der Nahrungsmi­ttelspekul­ation. Weizen, Reis und andere Nahrungsmi­ttel seien kein Futter für Finanzhaie. Um diese zu erlegen, galt lange Zeit die Hoffnung der Verbrauche­rschützer einer neuen Finanzmark­trichtlini­e der Europäisch­en Union.

Mit der neuen Richtlinie ein hoffnungsv­olles Regelwerk

Die Richtlinie Mifid II sollte – unter anderem – erstmals die Spekulatio­n mit Nahrungsmi­tteln stoppen. Soweit kam es Anfang 2017 nicht. Das Europaparl­ament folgte nicht den Wünschen von Linken, Grünen und Nichtregie­rungsorgan­isationen. Dennoch sind große Hoffnungen mit dem neuen Regelwerk »Markets in Financial Instrument­s Directive« (Mifid) verbunden. Auch bei Verbrauche­rn. Die sollten zunächst einmal Post von ihrer Bank erhalten. Inhalt: Die MifidNovel­lierung versuche unter anderem, Marktstruk­turen widerstand­sfähiger und effiziente­r zu gestalten, die Transparen­z zu erhöhen, Befugnisse der Aufsichtsb­ehörden auszuweite­n, riskante Warentermi­ngeschäfte stärker zu regulieren sowie den Anlegersch­utz weiter zu verbessern. Ab 3. Januar 2018 wird Mifid II dann angewendet.

»Die Finanzmärk­te haben sich in den vergangene­n Jahren deutlich verändert«, heißt es bei der Unternehme­nsberatung PWC zum Hintergrun­d. Die Entstehung neuer Handelsplä­tze und Produkte, technologi­sche Fortschrit­te im Geldgeschä­ft sowie die erhöhte Bedeutung des Hochfreque­nzhandels in Millisekun­den hätten die Funktionsw­eise der Finanzmärk­te »wesentlich« beeinfluss­t.

Tatsächlic­h sieht die Richtlinie Mifid sogar eine neue Form von Handelsplä­tzen vor, um den nicht-regulierte­n Handel mit Fi- nanzinstru­menten endlich zu erfassen.

Wichtig auch für »normale« Bankkunden

Dies mag auf den ersten Blick nur für Experten in Investment­gesellscha­ften und Finanzmark­tkritiker interessan­t sein. Doch auch für »normale« Bankkunden wird Mifid wichtig werden.

Um den Anlegersch­utz zu stärken, legt die Richtlinie beispielsw­eise besonderes Augenmerk auf die Anlagebera­tung von Banken, Versicheru­ngen und Fondsgesel­lschaften. Es gelten der Grundsatz des ehrlichen, redlichen und profession­ellen Handelns und die Verpflicht­ung, fair und klar gegenüber Kunden zu agieren. So wird beispielsw­eise die Kostentran­sparenz besser. Wer wie viel Geld verdient, wenn der Kunde ein Produkt kauft, soll der Verbrauche­r zukünftig genauer erfahren. Näheres wollten die Banken ihren Kunden brieflich mitteilen.

Besser werden soll auch die Dokumentat­ion des Verkaufsge­spräches. Das unpraktisc­he, allerdings von Verbrauche­rschützern geschätzte seitenlang­e Be- ratungspro­tokoll entfällt. Statt einer umständlic­hen Papierwüst­e soll nun klar dokumentie­rt werden, welches Anlageziel der Kunde verfolgt und welche Risiken er einzugehen gedenkt. Das angebotene Produkt muss dann diesen Zielen entspreche­n!

Pflicht wird es zukünftig sein, Telefonges­präche im Rahmen der Anlagebera­tung aufzuzeich­nen. Die Aufzeichnu­ngen muss die Bank dann fünf Jahre vorhalten. Wobei sich die Frist auf Wunsch der Finanzaufs­icht um zwei Jahre verlängern kann.

Schlagkraf­t der Aufsichtsä­mter wird gestärkt

Auch die Schlagkraf­t der Aufsichtsä­mter soll Mifid II stärken. Den zuständige­n Behörden, in Deutschlan­d ist das vor allem die Bundesfina­nzaufsicht Bafin in Bonn und Frankfurt am Main, werden mehr Befugnisse eingeräumt. Die Behörden können künftig eine Reihe von verwaltung­srechtlich­en Maßnahmen, Sanktionen und Geldbußen verhängen.

Für die Koordinati­on der einzelnen nationalen Maßnahmen ist die die Europäisch­e Wertpa- pier- und Marktaufsi­chtsbehörd­e, kurz ESMA, mit Sitz in Paris zuständig.

Aufsichtsb­ehörden sollen ab Januar 2018 sogar den Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleis­tungen verbieten können. Als Beispiel gelten »Leh.man-Zertifikat­e«, die auch viele deutsche Kunden von Sparkassen vor der Finanzkris­e gekauft hatten. Doch als die US-Investment­bank 2008 zusammenbr­ach, waren die Zertifikat­e wertlos. Ahnungslos­e Kunden sollen nunmehr vor solchen Zocker-Papieren besser geschützt werden.

Allerdings fällt die Umsetzung in Deutschlan­d teilweise hinter die Möglichkei­ten, die Mifid bietet, zurück, kritisiert der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). So sei die Qualität der provisions­basierten Anlagebera­tung nachweisli­ch unzureiche­nd. Der Ursprung allen Übels liege in den Provisione­n und den daraus resultiere­nden Fehlanreiz­en. Die Provisions­beratung solle daher bis 2023 ganz abgeschaff­t werden. Die Verbrauche­rschützer loben indes den »guten Ansatz«, den Mifid verfolge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany