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Humanitäre­r Korridor nach Italien

UNHCR evakuiert 162 Flüchtling­e aus Libyen

- Von Sebastian Bähr

Die deutsche Seenotrett­ungsorgani­sation »Sea Watch« sprach von »Hoffnung«, der italienisc­he Innenminis­ter Marco Minniti von einem »historisch­en Tag«: Das Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR konnte an Weihnachte­n erstmals 162 Flüchtling­e aus libyschen Lagern direkt nach Italien evakuieren. Unter den Geflüchtet­en befanden sich vor allem Mütter, Missbrauch­sopfer, unbegleite­te Kinder, Kranke, Senioren und Menschen mit Behinderun­gen. Sie stammen aus den Ländern Äthiopien, Eritrea, Somalia und Jemen.

»Es wurde ein humanitäre­r Korridor von Libyen nach Europa eröffnet. Das ist ein Anfang«, sagte Minniti. Bis zu 10 000 Flüchtling­e könnten laut seiner Aussage im kommenden Jahr nachkommen. »Wir hoffen wirklich, dass andere Länder dem Beispiel folgen werden«, sagte der UNHCR-Sprecher Vincent Cochetel. Nichtregie­rungsorgan­isationen kritisiert­en Rom trotz der Evakuierun­g für seine Unterstütz­ung der umstritten­en libyschen Küstenwach­e.

Ermöglicht wurde der humanitäre Korridor durch ein auf zwei Jahre angelegtes Abkommen zwischen dem italienisc­hen Innenminis­terium und der nationalen Bischofsko­nferenz. Kirchenste­uern sollen laut Medienberi­chten die Aufnahme der Flüchtling­e finanziere­n; Ordenseinr­ichtungen und Pfarrereie­n sich an der Unterbring­ung beteiligen.

Das UNHCR schätzt, dass sich etwa 18 000 Menschen in Lagern unter Kontrolle der schwachen libyschen Einheitsre­gierung befinden, Zehntausen­de dürften in weiteren von Milizen gehaltenen Orten festgehalt­en werden.

Die Einheitsre­gierung in Tripolis hat derweil die im Sommer angekündig­te Einrichtun­g einer eigenen Such- und Rettungszo­ne vorläufig zurückgeno­mmen. Journalist­en vermuten, dass sie die Anforderun­gen der Internatio­nalen Seeschifff­ahrts-Organisati­on für eine nationale Rettungsle­itstelle derzeit nicht erfüllen kann.

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