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Luxemburg wählt 2018

Der EU-Zwerg will Ruf als Steuerpara­dies loswerden

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Nach fast zwei Jahrzehnte­n JeanClaude Juncker hat eine bunte Dreierkoal­ition Luxemburg in den vergangene­n Jahren verändert. Im Oktober 2018 wird gewählt.

Es wird wohl richtig spannend in Luxemburg. Denn am 14. Oktober 2018 wird im Großherzog­tum ein neues Parlament gewählt. Und wer danach die knapp 600 000 Bürger regieren wird, ist noch völlig ungewiss. Die Dreierkoal­ition aus Liberalen, Sozialdemo­kraten und Grünen unter Führung des Liberalen Xavier Bettel will wiedergewä­hlt werden. Aber auch eine Rückkehr der Christsozi­alen an die jahrzehnte­lang ausgeübte Macht ist gut möglich.

Bettel war nach der Wahl 2013 überrasche­nd Nachfolger des seit 1995 amtierende­n Regierungs­chefs Jean-Claude Juncker geworden. Die christsozi­ale CSV, schwer angeschlag­en durch eine Geheimdien­staffäre Junckers, hatte zwar mehr als vier Prozentpun­kte verloren, war aber immer noch stärkste politische Kraft geworden. Juncker meinte in der Wahlnacht, die bisherige Koalition mit den Sozialdemo­kraten fortsetzen zu können. Am nächsten Morgen gab es für ihn ein böses Erwachen: Der bisherige sozialdemo­kratische Koalitions­partner (LSAP) hatte sich mit Grünen (Dei Greng) und Liberalen (DP) verbündet. Die große Regierungs­fraktion war plötzlich größte Opposition­sfraktion.

Seither hat das rot-blau-grüne Regierungs­bündnis, das öfter nach den Farben der Flagge des westafrika­nischen Landes Gambia benannt wird (in Luxemburg sind die Liberalen die Blauen), den zweitklein­sten Mitgliedst­aat der Europäisch­en Union spürbar verändert. »Das Land ist heute anders als es im Dezember 2013 war«, sagt Bettel der Deutschen Presse-Agentur. «Wir mussten erhebliche Anstrengun­gen in Bezug auf die Transparen­z un- serer Finanzen unternehme­n.« Dass Luxemburg nicht mehr auf der schwarzen OECD-Liste der Steueroase­n geführt wird, sei ein großer Erfolg. »Es wird noch dauern, bis Luxemburg seinen Ruf als Steuerpara­dies endgültig los ist, aber die wirkliche Vergangenh­eitsbewält­igung für Luxemburg lag und liegt auf unseren Schultern«, sagt Bettel. Das Großherzog­tum arbeite heute beim automatisi­erten Informatio­nsaustausc­h in Sachen Steuern eng mit den Partnern zusammen, meint der Jurist Bettel stolz. Luxemburg ist zudem moderner geworden, seit Bettel – der im Mai 2015 als erster EU-Regierungs­chef seinen Freund heiratete – den Ton angibt: Familien wurden finanziell gestärkt, die enge Verbindung zwischen Staat und katholisch­er Kirche ist lockerer geworden.

So viel Modernität finden aber nicht alle Luxemburge­r gut. Einer Umfrage des französisc­hen Ifop-Instituts zufolge hat die Dreier-Koalition an Unterstütz­ung verloren, während die christsozi­ale CSV unter Führung des Ex-Ministers Claude Wiseler deutlich zugelegt hat. Und die Wiederaufl­age der alten Koalition von Christsozi­alen und Sozialdemo­kraten ist der Umfrage zufolge das, was die Bürger sich am meisten wünschen. Eine andere Umfrage von TNS Ilres sah im Dezember die Regierung von Bettel leicht im Aufwind – 49 Prozent sprachen ihr das Vertrauen aus, 48 Prozent der Opposition.

Der Spitzenman­n der sozialdemo­kratischen LSAP, Wirtschaft­sminister Etienne Schneider, hat bereits wissen lassen, dass er selbst gerne Premiermin­ister in der Dreier-Koalition würde. Schneider sagt aber auch, er könne sich auch gut eine Koalition mit der CSV vorstellen. Das bedeutet: Wenn in Luxemburg fast alles möglich ist, wird es jedenfalls nicht langweilig.

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