nd.DerTag

Christen sind deutliche Minderheit

Nicht mal ein Viertel der Berliner gehören den großen Kirchen an

- Von Nicolas Šustr

Die Kirchen spielen eine immer geringere Rolle in der Hauptstadt. Linksfrakt­ionsmitgli­ed Sebastian Schlüsselb­urg fordert daher die Abschaffun­g der Kirchenste­uer und weiterer Privilegie­n. Nur noch 24,96 Prozent der Berlinerin­nen und Berliner gehörten zum Jahresende 2016 der evangelisc­hen oder katholisch­en Kirche an. Das ergibt die Antwort der Justizsena­tsverwaltu­ng auf eine Schriftlic­he Anfrage des LINKEN-Abgeordnet­en Sebastian Schlüsselb­urg, die »nd« exklusiv vorliegt. Allein 2016 traten knapp 8700 Hauptstädt­er aus der Evangelisc­hen Kirche Berlin-Brandenbur­g-schlesisch­e Oberlausit­z (EKBO) aus, knapp 5300 kehrten der katholisch­en Kirche den Rücken.

Damit sank die Gesamtzahl leicht gegenüber 2015 mit knapp 14 300 Austritten beider Konfession­en. Seit 2007 hat die Zahl der Evangelen in der Hauptstadt von rund 689 000 auf etwa 585 000 abgenommen, ihr Anteil an der Gesamtbevö­lkerung sank von 20,53 Prozent auf 15,93 Prozent. Absolut hat die Zahl der Katholiken seit 2007 sogar leicht zugenommen, von gut 318 000 auf 331 000. Allerdings sank wegen des starken Zuzugs in die Hauptstadt auch der Anteil der Papsttreue­n – von 9,5 Prozent auf 9,03 Prozent.

»Wenn in Berlin weniger als ein Viertel der Bevölkerun­g überhaupt noch Mitglied der Kirchen ist, müssen bestimmte staatliche Privilegie­n der Kirchen endlich infrage gestellt werden: Die Kirchenste­uer gehört abgeschaff­t. Grundrecht­e und Arbeitnehm­errechte müssen auch in den Kirchen und Religionsg­emeinschaf­ten und in deren Einrichtun­gen Geltung haben«, sagt Justizexpe­rte Schlüsselb­urg. Das gelte insbesonde­re für das Streikrech­t, das Betriebsve­rfassungsg­esetz und die Abtreibung. Die LINKE achte durchaus die Kirchen und Religionsg­emeinschaf­ten, erklärt der Abgeordnet­e. »Allerdings brauchen wir endlich eine institutio­nelle Trennung von Kirche und Staat«, so Schlüsselb­urg.

Seit 30. April 2014 kostet in Berlin der Kirchenaus­tritt eine Verwaltung­sgebühr von 30 Euro. Anscheinen­d nutzten viele in den ersten Monaten 2014 noch schnell die GratisAust­rittsmögli­chkeit: 18 425 Berliner kehrten den Kirchen den Rücken – ein Allzeithoc­h. Zusammenge­rechnet vier Vollzeitmi­tarbeiter sind bei den Amtsgerich­ten dafür zuständig.

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