nd.DerTag

Zerstobene Illusionen

- Klaus Joachim Herrmann über Russlands Außenpolit­ik

Moskau sorgt sich um die Weltlage. Die Konfrontat­ion nehme zu, das internatio­nale Recht verliere an Einfluss. Das Jahr 2017 sei »nicht einfach« gewesen, untertrieb Außenminis­ter Lawrow diplomatis­ch. Die Aussichten für die Zukunft skizzierte er gleich als düster. Washington mache Front gegen das Atomabkomm­en mit Iran, betreibe eine Spaltung Syriens, drohe mit Gewalt gegen Nordkorea. Die Lage sei »brandgefäh­rlich«.

Illusionen über eine Besserung der Beziehunge­n mit den USA, die mit dem Wahlsieg Trumps einst wohl verbunden wurden, sind zerstoben. Verantwort­lich macht Moskau für all das und mehr – wozu auch die Attacken gegen die Gasleitung Nord Stream gehören – nicht nur den viel gescholten­en Herrn des Weißen Hauses. Vielmehr erkennt es eine »Politik des Diktats und der Ultimaten der USA und ihrer Verbündete­n« – zu denen Deutschlan­d gehört. Diese entwickelt­en ihre »antirussis­che« Raketenabw­ehr und verhängten einseitig Sanktionen. Immer mehr Länder würden auf den Ausbau militärisc­her Stärke setzen.

Jeder Vorwurf lässt sich gut begründen, doch Letzteres gilt auch für Russland selbst. Es ist in Syrien militärisc­h engagiert, spielt seine eigene Rolle im Ukrainekon­flikt, hat die Halbinsel Krim nicht nur zivil unter Kontrolle. Eine florierend­e Rüstungspr­oduktion erfüllt Exportplän­e, dient aber nicht zuletzt der eigenen Armee.

Moskau und Washington beteuern immer wieder Gesprächsb­ereitschaf­t – die sollte keine Illusion sein.

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