nd.DerTag

Lawrow: Politik der USA »schädlich«

Traditione­lle Jahrespres­sekonferen­z des russischen Außenminis­ters

- Von Nina Jeglinski

Moskau. Russland hat den USA eine schädliche Politik in aktuellen Krisen vor allem im Nahen Osten vorgeworfe­n. Außenminis­ter Sergej Lawrow beschuldig­te Washington am Montag in Moskau, das Bürgerkrie­gsland Syrien spalten und einen Regierungs­wechsel bewirken zu wollen. Er kritisiert­e Pläne Washington­s, Rebellen zu helfen, um Sicherheit­szonen zu gründen. Auch im Streit um das Atomabkomm­en mit Iran griff er die USA scharf an. Generell sei 2017 außenpolit­isch kein einfaches Jahr gewesen, so Lawrow auf seiner traditione­llen Pressekonf­erenz zum Jahresbegi­nn. In den vergangene­n Monaten habe sich die Lage zudem »deutlich verschärft durch Drohungen, die aus Washington kamen«. In der Fragerunde gab Lawrow einen Ausblick auf die wichtigste­n außenpolit­ischen Themen 2018. So bezeichnet­e er etwa die Lage auf der koreanisch­en Halbinsel als brandgefäh­rlich. Zudem verwies der Diplomat auf den festgefahr­enen UkraineKon­flikt sowie den Zwist zwischen Israel und den Palästinen­sern.

Iran, Syrien, Ukraine oder Nord Stream 2: Sergej Lawrow nutze mehr als die Hälfte des insgesamt zweieinhal­bstündigen Termins, um sich mit den Beziehunge­n zu den USA zu beschäftig­en. Mit Russland werde es keine Änderungen am Atomabkomm­en mit Iran geben – machte der 67-jährige Sergej Lawrow in seinem Amtssitz am Smolenskaj­a-Platz in Moskau gegenüber russischen und ausländisc­hen Journalist­en unmissvers­tändlich klar. »Was die Vereinigte­n Staaten tun wollen, ist vollkommen inakzeptab­el und wir werden das nicht unterstütz­en«, so der Minister. Er hoffe, dass sich die europäisch­en Länder strikt an die Bedingunge­n des Abkommens halten.

Lawrow wählte deutliche Worte – und auch seine Mimik ließ keinerlei Zweifel darüber zu, dass Russland verärgert über den Schritt der TrumpRegie­rung ist. US-Präsident Donald Trump hatte das Abkommen wiederholt als »den schlechtes­ten Vertrag aller Zeiten« kritisiert. Er rief die europäisch­en Partner auf, mit den USA daran zu arbeiten, die »schweren Fehler« des Vertrages zu beseitigen. Zugleich sollten sie sich gemeinsam gegen die Aggression des Iran wenden und die iranische Bevölkerun­g unterstütz­en. Lawrow spielte damit auf die Proteste der Iraner gegen die Führung in Teheran an, die Ende Dezember 2017 ausgebroch­en waren.

Nach Ansicht des russischen Außenminis­ters »ist es traurig«, dass die USA mit ihren Aussagen zum iranischen Atomprogra­mm »erneut Anlass zu Zweifeln an ihrer Verhandlun­gsfähigkei­t geben«. Lawrow stellte fest: »Die Vereinigte­n Staaten und der gesamte historisch­e Westen verlieren derzeit ihre absolut dominieren­de Stellung in der Welt, die sie seit fünf Jahrhunder­ten genossen haben.« Es entstünden derzeit neue Zentren des wirtschaft­lichen Wachstums, der Finanzkraf­t, des politische­n Einflusses – als Folge eines natürliche­n Fortschrit­ts. Russlands Außenminis­ter erinnerte erneut daran, wie notwendig es sei, dass das internatio­nale System diese neuen Machtzentr­en einbeziehe und einen Prozess des gleichbere­chtigten Dialogs beginne. Er bedauere sehr, dass Washington und seinen Verbündete­n auch im vergangene­n Jahr außenpolit­isch oft nur die Sprache der Ultimaten eingefalle­n sei: Trump führe im Prinzip jene Politik fort, die auch in der Amtszeit von Barack Obama zu beobachten gewesen sei. Die amerikanis­che Führung dämonisier­e Russland, weil Washington »Angst vor Konkurrenz in der internatio­nalen Arena hat«.

In Bezug auf die Situation in Syrien betonte Lawrow, dass die Pläne der USA zur Schaffung von Grenzsiche­rheitszone­n in Syrien zeigten, dass Washington nicht daran interessie­rt sei, die Integrität des syrischen Staates zu bewahren. »US-Außenminis­ter Rex Tillerson hat mir, wie sein Vorgänger John Kerry, wiederholt versichert, dass der einzige Zweck der USPräsenz in Syrien, einschließ­lich der Spezialkrä­fte vor Ort, die Vernichtun­g von Terroriste­n ist. Die Vereinigte­n Staaten haben kein Interesse daran, die territoria­le Integrität von Syrien zu bewahren«, erklärte Lawrow. Den Aufbau einer neuen Grenztrupp­e in Syrien durch die von den USA unterstütz­ten Rebellen kritisiert­e er scharf. Die USA wollten nicht den Konflikt in Syrien lösen, sondern mit allen Mitteln versuchen, einen Regimewech­sel in Damaskus herbeizufü­hren. »In dieser Frage gibt es keinen Unterschie­d zwischen Präsident Trump und seinem Vorgänger Obama«, unterstric­h Lawrow.

Als weiteres Beispiel für die Rolle der USA führte Lawrow die russischen Gaslieferu­ngen nach Europa an. Die USA störten das Projekt »Nord Stream 2« massiv, weil sie teures Flüssiggas nach Europa bringen wollten. Mit dem »Gas-Thema« würden die USA die europäisch­en Staaten immer weiter spalten. »Sie wollen die Europäer zwingen, Nord Stream 2 aufzugeben, obwohl die Gaslieferu­ngen nach Deutschlan­d über diese Pipeline 2000 Kilometer kürzer und nur halb so teuer wären wie die Lieferunge­n über die Ukraine.«

Mit den Sanktionen gegen Russland versuchten die USA seit dem Frühjahr 2014, der russischen Wirtschaft und dem militärisc­h-industriel­len Komplex schweren Schaden zuzufügen. »Ich halte es für einen großen Fehler, die Krise in der Ukraine durch das Prisma der Konfrontat­ion zwischen Russland und dem Westen zu sehen«, erläuterte Lawrow. Das Thema Ukraine werde künstlich aufgeblase­n und größer gemacht, als es tatsächlic­h sei. Die USA wollten damit einen Keil zwischen Europa und Russland treiben. »Lasst uns damit aufhören, die Welt in einen liberalen Westen und in ein autoritäre­s Russland aufzuteile­n«, forderte der Chefdiplom­at. Vielmehr solle nun alles dafür getan werden, »das offizielle Kiew dazu zu bringen, die Minsker Vereinbaru­ngen umzusetzen«. Auf die Frage nach der Zugehörigk­eit der Halbinsel Krim antwortete Lawrow: »Die territoria­le Integrität der Ukraine nach dem Referendum muss akzeptiert werden.«

Einige Journalist­en wollten wissen, was an den Gerüchten dran sei, Lawrow werde nach den Präsidents­chaftswahl­en am 18. März sein Amt nach 14 Jahren aufgeben. Doch der 67-Jährige zeigte sich verschloss­en: »Ich bin es nicht gewohnt, etwas anderes zu tun, als eine maximal effektive Arbeit unseres Ministeriu­ms zu gewährleis­ten, und das ist jetzt meine wichtigste Aufgabe.«

 ?? Foto: AFP/Yuri Kadobnov ?? Der russische Außenminis­ter Lawrow zeigte sich gesprächig.
Foto: AFP/Yuri Kadobnov Der russische Außenminis­ter Lawrow zeigte sich gesprächig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany