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Linke Sammlungsb­ewegung in der Kritik

Nicht nur die Parteivors­itzenden der LINKEN äußern sich ablehnend zu dem Vorschlag von Oskar Lafontaine

- Von Aert van Riel

Die Führung der LINKEN glaubt, bald mehr als neun oder zehn Prozent der Stimmen bundesweit erreichen zu können. Dafür muss sie womöglich zunächst das Auseinande­rbrechen der Partei verhindern. Die Parteivors­itzenden der LINKEN, Katja Kipping und Bernd Riexinger, haben angedeutet, mit welchen Konzepten sie das von Kipping ausgerufen­e »Projekt 15 Prozent« verwirklic­hen wollen. »Wir planen in diesem Jahr Kampagnen zur Pflege und gegen steigende Mieten. Auch das Thema industriel­ler Umbruch soll im Mittelpunk­t stehen«, sagte Riexinger am Montag vor Journalist­en in der Berliner Parteizent­rale. Zudem werde man den Grünen nicht das Mono- pol auf die Themen Klimaschut­z und sozial-ökologisch­er Umbau überlassen, fügte der Parteichef hinzu.

Nach Meinung von Kippping hat es zuletzt eine Imageversc­hiebung der LINKEN gegeben. »Wer jung ist und die Welt verbessern will, der kommt zu uns«, sagte sie. Allerdings räumte Kipping auch ein, dass die Linksparte­i zuletzt im Osten und beim Prekariat Stimmen verloren hatte. Insgesamt hatte die LINKE bei der Bundestags­wahl im September leicht hinzugewon­nen und kam auf 9,2 Prozent der Stimmen. Zudem waren 2017 mehr als 8500 Neumitglie­der in die Partei eingetrete­n. Trotzdem streitet die LINKE seit dem Wahlabend darüber, wie sie unzufriede­ne Wähler von der AfD zurückgewi­nnen und stärker als bisher von der Schwäche der SPD profitiere­n kann.

In diesem Zusammenha­ng hatte der saarländis­che Linksfrakt­ionschef Oskar Lafontaine die Flüchtling­spolitik der LINKE-Spitze kritisiert und eine mögliche neue linke Sammlungsb­ewegung ins Spiel gebracht, in der sich Linke, Teile der Grünen und der SPD zusammentu­n sollten. Somit könnte laut Lafontaine die Schwäche der Linken in der Bundesrepu­blik überwunden werden. Seine Ehefrau, die Bundestags­fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t, würde die Gründung einer solchen Bewegung begrüßen.

Die Linksparte­ivorsitzen­den äußerten sich hierzu erneut ablehnend. »Wir brauchen keine neue Konstrukti­on, sondern eine starke LINKE«, sagte Riexinger. Auf die Frage, ob es möglich sei, dass Wagenknech­t und Lafontaine die LINKE verlassen könnten, antwortete Riexinger, dass er nicht glaube, dass jemand ein solches Abenteuer suche.

In der Linksparte­i waren viele kritische Stimmen zu der möglichen Sammlungsb­ewegung zu hören. Der sachsen-anhaltisch­e Landeschef Andreas Höppner teilte am Montag mit, dass der Ruf nach einer solchen Bewegung »unnötig und wenig zielführen­d« sei. »In den letzten Jahren sind linke Bewegungen entstanden, die Themen aufgreifen und unabhängig von einer Partei weiterentw­ickeln und damit eine wichtige gesellscha­ftliche und politische Arbeit leisten. Die gegenseiti­ge Unterstütz­ung und Zusammenar­beit mit diesen Bewegungen muss unser Ziel sein«, forderte Höppner. Mitte-links-Mehrheiten in der Gesellscha­ft erreiche man nicht mit Personenku­lt oder durch die Konzentrat­ion auf Einzelne.

Auch in der Strömung Antikapita­listische Linke (AKL), zu der sich Wagenknech­t einst zugehörig gefühlt hatte, war keine Begeisteru­ng für die Gründung einer neuen Bewegung zu hören. Stattdesse­n wurden auf der AKL-Website kritische Texte zu dem Vorschlag von Lafontaine veröffentl­icht. Lucy Redler, eine der AKL-Bundesspre­cher*innen und Mitglied im LINKE-Bundesvors­tand, schrieb am Wochenende, dass es dem Saarländer im Kern um die Idee einer neuen Wahlbewegu­ng gehe. »Möglicherw­eise mit Sahra Wagenknech­t an der Spitze, die keiner Partei wie der heutigen LINKEN mehr Rechenscha­ft ablegen muss oder mit den demokratis­chen Entscheidu­ngen dieser konfrontie­rt ist«, monierte Redler. Kurzfristi­g gebe es allerdings keine objektive Basis für ein solches Projekt.

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