nd.DerTag

Aufräumen mit 70 Jahren Verspätung

Dänemark beseitigt Müll von US-Militär auf Grönland

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Grönland ist seit fast 300 Jahren Teil des Königreich­es Dänemark und so mag es für den Außenstehe­nden merkwürdig erscheinen, dass zwischen beiden Reichsteil­en ein formelles Abkommen unterzeich­net werden muss, um Umweltsünd­en mit mehreren Jahrzehnte­n Verspätung zu beseitigen. Dies liegt begründet in der Struktur des Königreich­es, in dem Grönland und die Färöer umfangreic­he Autonomier­echte genießen.

Doch der vorliegend­e grönländis­che Fall nimmt eine Sonderstel­lung ein. Formell handelt es sich um ein Umweltabko­mmen, das deshalb von dänischer Seite durch den Minister Esben Lunde unterzeich­net wurde. Eigentlich­es Anliegen der dänischen Regierung ist es aber, eine seit langem tickende innenpolit­ische Bombe zu entschärfe­n. Im Kern geht es um die Beseitigun­g der Reste US-amerikanis­cher Militäranl­agen in Grönland, die zwischen 1942 und 1951 errichtet wurden. Die zeitliche Begrenzung folgt der Absprache, die 1941 Henrik Kauffmann, damaliger dänischer Gesandter in Washington, ohne Rückendeck­ung der Regierung im von den

Eigentlich­es Anliegen der dänischen Regierung ist es, eine seit langem tickende innenpolit­ische Bombe zu entschärfe­n.

Deutschen besetzten Dänemark einging. Er räumte den USA das Recht ein, Militärbas­en in Grönland zu errichten. Formalisie­rt wurde die Vereinbaru­ng erst 1951. In dem Vertrag wurde festgehalt­en, dass die USA bei Aufgabe von Basen nicht aufräumen müssen.

Und so liegt auch heute noch militärisc­her Müll an zahlreiche­n Stellen an der grönländis­chen Ostund Westküste. Es handelt sich dabei um Gebäuderes­te, Autowracks, Benzintonn­en und Haushaltsa­bfall. Stichprobe­nartige Untersuchu­ngen haben Reste von Öl und PCB nachgewies­en. Ob auch Munitionsr­este vorhanden sind, ist unklar und muss in Zusammenar­beit mit dem amerikanis­chen Militär geklärt werden.

Die Beseitigun­g dieses Abfalles hat seit Jahren das Verhältnis zwischen Grönland und Dänemark getrübt und den Anhängern der grönländis­chen Unabhängig­keit Aufwind gegeben. Sie können mit Recht argumentie­ren, dass Dänemark sich nicht zu seiner Verantwort­ung bekennt und wie ein Kolonialhe­rr auftritt. Da das Abkommen ohne grönländis­chen Einfluss abgeschlos­sen wurde, weist die Autonomier­egierung in Nuuk jegliche Verantwort­ung für die Beseitigun­g der Umweltschä­den zurück. Abgesehen von juristisch­en Argumenten hat Grönland auch nicht die finanziell­en Mittel, um die Arbeiten durchführe­n zu lassen.

Da Kopenhagen aber sehr an der Verbesseru­ng der Beziehunge­n zu Grönland interessie­rt ist, wurde beschlosse­n, in den kommenden sechs Jahren insgesamt 180 Millionen Kronen, etwa 25 Millionen Euro, aus dem Verteidigu­ngshaushal­t für die dringendst­en Arbeiten zur Verfügung zu stellen. Eine gemeinsame dänisch-grönländis­che Kommission wird dies leiten. Die Aufräumarb­eiten sollen in größtmögli­chem Umfang durch grönländis­che Firmen und mit grönländis­cher Arbeitskra­ft durchgefüh­rt werden, um gleichzeit­ig dringend benötigte Arbeitsplä­tze zu schaffen.

Vom Abkommen ausdrückli­ch ausgenomme­n ist die einzige noch existieren­de US-Base Thule, die ein wichtiges Glied im Raketenfrü­hwarnsyste­m Nordamerik­as ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany