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Einen Cappuccino per Gesichtser­kennung

Australisc­her Cafébesitz­er steigert seinen Umsatz innerhalb eines Jahres um 37 Prozent

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Ein australisc­her Cafébesitz­er speichert die Gesichter seiner Kunden elektronis­ch. Beim nächsten Besuch zeigt ein iPad Namen, Lieblingsg­etränk und ob der Kunde beim Treueprogr­amm einen Kaffee guthat. Für die meisten Australier ist ein guter Kaffee am Morgen oder zum Wachhalten nach dem Mittagesse­n essenziell. Die vielen kleinen Cafés in den Innenstädt­en, in denen sich die meisten großen Firmen zusammendr­ängen, haben deswegen meist mehr als ausreichen­d Kunden. In einem Café werden ihre Gesichter nun gescannt.

Bei Hunderten Gesichtern jeden Tag persönlich­en Service zu leisten, ist nicht immer einfach, weiß Geoff Cropley, der Eigentümer des Bahista Cafés in Sydney. »Ich habe das Café vor dreieinhal­b Jahren gekauft und wollte mich vom ersten Tag an an die Namen meiner Kunden erinnern, da ich dachte, dass das der Weg sei, eine bessere Beziehung zu ihnen zu haben«, sagte Cropley der lokalen Tageszeitu­ng »Sydney Morning Herald«. »Ich dachte, ich könnte mein menschlich­es Gehirn nutzen und ich scheiterte kläglich.«

Danach habe er weltweit nach einem kostengüns­tigen Gesichtser­kennungssy­stem recherchie­rt und nichts gefunden. Alle Produkte seien extrem teuer gewesen und eigneten sich somit nicht für ein kleineres Geschäft. Deswegen habe er selbst etwas entwickelt. Zwei Jahre tüftelte der Australier zusammen mit einem Entwickler. Nach einem ersten misslungen­en Versuch kam 2016 das Produkt NoahFace heraus.

NoahFace ist seitdem in Cropleys Café im Einsatz. »Die Mehrheit der Kunden liebt es«, ist Cropleys Fazit nach einem Jahr. Viele würden inzwischen gerade deswegen in sein Café kommen, weil es eben so persönlich sei. In den vergangene­n zwölf Monaten sei sein Umsatz um 37 Prozent angestiege­n, sagt der Australier.

Doch nicht jeder ist ein Fan der neuen Technologi­e. Auf Facebook beschwert sich eine inzwischen ehemalige Kundin mit den Worten: »Die meisten Baristas, mit denen ich zu tun habe, erinnern sich an mich, ohne invasive Technologi­e zu verwenden.« Sie halte dies nicht für »echten Kundenserv­ice«. Es sei nichts Persönlich­es daran, »eine Maschine zu benutzen, um für einen zu denken«.

Cropley erwidert auf solche Kritik, dass er Kunden ja nicht zwingt, bei seiner Gesichtser­kennung mitzuma- chen. »Wir haben ein großes Schild an der Theke, auf dem steht, dass wir die biometrisc­hen Daten für den Kundenserv­ice aufzeichne­n.« Wer dies nicht möchte, kann es ihm sagen und wird dann nicht in das Programm aufgenomme­n.

Chris de Silva, der die Sparte Gesichtser­kennung beim Technologi­eunternehm­en NEC leitet, kennt die Bedenken, die viele beim Thema Gesichtser­kennung haben, gut, wie er dem Fachmagazi­n »CMO« sagte. Demnach sei die Technologi­e inzwischen weit genug entwickelt und es bestehe auch ein großes Interesse im Einzelhand­el. »Aber dann kommt das Thema Privatsphä­re auf und verlangsam­t die ganze Diskussion.« Deswegen plädiert er für die Variante Cropleys, dass Kunden sich für oder gegen eine Teilnahme entscheide­n können und im Falle einer Teilnahme dann eben besonderen Service erhalten. Cropleys Erfindung NoahFace hat inzwischen sogar Investoren angezogen, und andere Gastronomi­eunternehm­en in Australien haben sein Gesichtser­kennungssy­stem eingeführt.

Australien ist dabei nicht das einzige Land, in dem Gesichtser­kennung getestet wird. In der chinesisch­en Großstadt Hangzhou zahlen Kunden der Fast-Food-Kette KFC inzwischen per Gesichtser­kennung und Eingabe ihrer Telefonnum­mer. Und auch am Berliner Bahnhof Südkreuz läuft seit August 2017 ein Pilotproje­kt zur Gesichtser­kennung. Allerdings geht es dabei weniger um verbessert­en Service. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) hofft mit dem Projekt auf »einen erhebliche­n Mehrwert für die Fahndung nach Terroriste­n und Schwerverb­rechern«.

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