nd.DerTag

Hunderttau­sende Kinder als Kämpfer missbrauch­t

Weltweiter Aktionstag gegen den Einsatz minderjähr­iger SoldatInne­n

- Fbr

Berlin. Rund 250000 Kinder werden in mindestens 20 Ländern zum Kämpfen gezwungen, schätzen Kinder hilfsorgan­isationen. Zum »Red Hand Day« – dem internatio­nalen Tag gegenden Einsatz von Kinder soldat Innen– fordert das» Deutsche Bündnis Kinder soldaten« von der neuen Bundesregi­erung den kompletten Stopp von Klein waffenexpo­rte nun dein restriktiv­es Rüstung sex portkontro­ll gesetz .» Auch im vergangene­n Jahr hat Deutschlan­d wieder massenweis­e Rüstungsgü­ter in Konflikt regionen geliefert «, sagt Kinder rechts experte Ralf Will ing er von»t er rede sho mm es «.

Der ehemalige Kindersold­at aus Uganda, Innocent Opwonya, berichtet im »neuen deutschlan­d« über seine Erlebnisse. Es sind Kinder wie er, die bis heute Krieg führen müssen. Opwonya lebt heute in Berlin und kämpft gegen den Einsatz von Minderjähr­igen in der Armee–und gegen deutsche Waffenlief­erungen.

Innocent Opwonya war Kindersold­at in Uganda. Heute kämpft er gegen den Einsatz von Minderjähr­igen in der Armee – und deutsche Waffenlief­erungen. Die zwei großen Narben auf den Beinen nennt Innocent Opwonya heute eine »wertvolle Erinnerung daran, wer ich einmal war«. Es sind Narben eines Krieges. Ein Krieg zu dem Opwonya gezwungen wurde, als er gerade einmal zwölf Jahre alt war.

Heute ist der Ugander 28 Jahre alt, wohnt in Deutschlan­d und ist Aktivist gegen den Einsatz von Kindersold­aten. Schon unzählige Male hat Opwonya seine Geschichte erzählt, leicht fällt es ihm immer noch nicht. Geboren wurde er im Norden von Uganda. In dieser Zeit herrschte Krieg in dem ostafrikan­ischen Staat: »Es war ungewöhnli­ch, wenn an einem Tag kein einziger Schuss fiel.« Die Rebellen der Lord Resistance Army (LRA), die Widerstand­sarmee des Herrn, führten einen brutalen Krieg gegen die Regierung. Die christlich­en

»Manche bemitleide­ten mich, wenn ich ihnen meine Geschichte erzählte, andere wiederum waren entsetzt und sahen mich als Killer.« Innocent Opwonya

Fundamenta­listen wollten einen Gottesstaa­t errichten. Da ihr Anführer Joseph Kony nur über wenig Rückhalt in der Bevölkerun­g verfügte, begannen die Rebellen, Kinder zu entführen und zu Soldaten auszubilde­n. So auch Opwonya.

In einer Nacht im Jahr 2000 überfielen LRA-Kämpfer das Dorf und entführten den Zehnjährig­en und seinen Vater. Beide wurden in die Dafur-Region, das heutige Südsudan, verschlepp­t. Als der Vater seinem Sohn helfen wollte, wurde er getötet. Mit Gehirnwäsc­he und Drogen drillten die Rebellen die jungen Kämpfer.

Opwonya versuchte seinem Martyrium zu entfliehen, wurde aber erwischt. Die Rebellen misshandel­ten den Jungen als Strafe und fügten ihm die schweren Verletzung­en an den Beinen zu.

Der zweite Fluchtvers­uch gelang. Danach fühlte Opwonya wieder so etwas wie Sicherheit – allerdings war dieses Gefühl nur von kurzer Dauer. Regierungs­soldaten wollten ihn als Kämpfer gegen die Rebellen rekrutiere­n. Der Junge weigerte sich und schaffte es zurück zu seiner Familie. Nach dem Tod des Vaters schien dort alles verloren. Und das Stigma war groß: »Manche bemitleide­ten mich, wenn ich ihnen meine Geschichte er- zählte, andere wiederum waren entsetzt und sahen mich als Killer, der kein Recht hatte, mit ›normalen‹ Menschen zu leben.« Opwonya lernte eine Gruppe US-Amerikaner kennen, die ihm über eine Stiftung zu einem Stipendium verhalfen. Der junge Mann schloss auf diese Weise das Abitur und die Universitä­t ab und wurde Botschafte­r der US-Organisati­on »Invisible Children«. Hunderttau­sende USDollar an Spendengel­dern wurden dank seines Engagement gesammelt.

Wie viele westliche NGOs in Afrika entpuppte sich die Organisati­on bald jedoch als wenig hilfreich. Es wurde aufgedeckt, dass nur 30 Prozent der Spenden in Uganda ankamen, der Rest floss in die Organisati­on. Dem »nd« erzählt Opwonya: »Ich habe die Organisati­on bei unzähligen Anlässen als gemeinnütz­ig vorgestell­t. Das fühlt sich jetzt an, als hätte ich Millionen von Menschen angelogen.« Opwonya beendete die Zusammenar­beit, nicht aber seinen Einsatz. Mit der Unterstütz­ung eines befreundet­en Schriftste­llers schrieb er seine Lebensgesc­hichte auf. »Mit dem Buch will ich den unzähligen Kindersold­aten rund um die Welt eine Stimme geben.«

Mittlerwei­le studiert der eloquente Endzwanzig­er in Siegen und lebt in Köln. Er ist ein ganz normaler Student – und irgendwie auch nicht. Der heute internatio­nal begangene Tag gegen den Einsatz von Kindersold­aten fällt auf den Rosenmonta­g. Sein Lieblingst­ag in Köln.

Eines Tages will Opwonya zurück in die Heimat. Zwar herrscht kein Krieg mehr in Uganda, aber: »Frieden ist nicht einfach die Abstinenz von Krieg.« Die Probleme im Land sind riesig: Armut, Arbeitslos­igkeit, Kriminalit­ät. Insbesonde­re die junge Generation leidet unter den Folgen der vielen Kriege. »Ich will Teil des Wandels sein«, sagt Opwonya. Deshalb absolviert er den Masterstud­iengang Wirt- schaftspol­itik. Die LRA-Rebellen sind mittlerwei­le nicht mehr in Uganda aktiv, treiben jedoch in den Nachbarsta­aten ihr Unwesen. Immer noch kämpfen viele Kinder in ihren Reihen. Der LRA-Anführer Kony wurde im Jahr 2005 vom Internatio­nalen Strafgeric­htshof verurteilt, jedoch ist er immer noch auf freiem Fuß.

Der Aktivist Opwonya blickt nicht nur nach Uganda. Er kämpft auch gegen die Waffenlief­erungen des Westens: »Deutschlan­d ist eine unsichtbar­e Hand, die Kriege anheizt. Waffenexpo­rte müssen gestoppt werden.«

Opwonya hat in seinen jungen Jahren viel Leid erlebt. Wie es sich anfühle seine Lebensgesc­hichte zu erzählen? »Manchmal werde ich sehr emotional, vor allem, wenn ich die Details erzähle«, sagt er und denkt kurz nach. »Aber wenn die Menschen sich unwohl fühlen nach meinen Worten , habe ich mein Ziel erreicht – denn dann handeln sie.«

 ?? Foto: Christian Jungeblodt ?? Rote Hand vor Reichstags­gebäude: Der ehemalige Kindersold­at und Aktivist Innocent Opwonya
Foto: Christian Jungeblodt Rote Hand vor Reichstags­gebäude: Der ehemalige Kindersold­at und Aktivist Innocent Opwonya

Newspapers in German

Newspapers from Germany