nd.DerTag

Warnung vor neuer Eskalation in Syrien

Israelisch­er Kampfjet abgeschoss­en / Netanjahu droht Teheran und Damaskus mit neuen Attacken

- Von Karin Leukefeld

Nach massiven Luftangrif­fen der israelisch­en Armee gegen militärisc­he Einrichtun­gen in Syrien forderten Russland und die UNO am Wochenende Deeskalati­on. In einem Telefonat mit Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu forderte der russische Präsident Wladimir Putin am Wochenende, Israel müsse alles vermeiden, was zu einem neuen Kreislauf militärisc­her Konfrontat­ion in Syrien führen könne. Das Moskauer Außenminis­terium sprach von einer besorgnise­rregenden Gefahr verschärft­er Spannungen in den sogenannte­n Deeskalati­onsgebiete­n, weil diese »ein wichtiger Faktor für die Abnahme der Gewalt in Syrien« seien. Die Regierungs­truppen hielten sich an die Vereinbaru­ngen im Südwesten des Landes. Daher sei es notwendig, dass »die Souveränit­ät und territoria­le Integrität Syriens und an- derer Länder in der Region bedingungs­los respektier­t« würden.

Hintergrun­d ist der Abschuss einer aus Syrien gesteuerte­n Aufklärung­sdrohne am Samstag durch einen israelisch­en Kampfhubsc­hrauber im oberen Jordantal. Anschließe­nd hatten israelisch­e Kampfjets aus dem syrischen Luftraum auf die Lenkstatio­n der Drohne gefeuert. Damaskus hatte daraufhin mit massiver Luftabwehr reagiert. Erstmals seit 1982 wurde ein israelisch­er Kampfjet abgeschoss­en.

Das obere Jordantal liegt in einem Dreiländer­eck zwischen Jordanien, Israel sowie Syrien und grenzt auch an die entmilitar­isierte Pufferzone auf den GolanHöhen, die seit 1974 von einer UN-Blauhelmmi­ssion kontrollie­rt wird. Seit 2012 dient dieses Gebiet Al-Qaida nahen Kampfverbä­nden als Aufmarschg­ebiet nach Syrien hinein. Inzwischen hat Israel seine Kooperatio­n mit diesen Kampfgrupp­en sowohl militärisc­h als auch humanitär ausgebaut, um sich vor der »iranischen Präsenz in Syrien« zu schützen. Das Gebiet überschnei­det sich mit dem südwestlic­hen Deeskalati­onsgebiet, das von Russland, den USA und Jordanien kontrollie­rt wird.

Auch UN-Generalsek­retär António Guterres zeigte sich angesichts der militärisc­hen Eskalation besorgt und forderte alle Seiten zur Deeskalati­on auf. Das syrische Außenminis­terium warf Israel in einem Schreiben an den UN-Sicherheit­srat vor, sich an die Seite des »Islamische­n Staates« und der Nusra Front zu stellen. Das verlängere die Anwesenhei­t dieser Gruppen und den Krieg in Syrien. Unterstütz­ung dafür kam aus Beirut. Das dortige Außenminis­terium klagte Israel an, den libanesisc­hen Luftraum für Angriffe auf Syrien zu missbrauch­en und damit die Souveränit­ät des Zedernstaa­tes zu missachten.

Israel forderte den UN-Sicherheit­srat auf, den »iranischen Provokatio­nen in Syrien ein Ende zu setzen«; Netanjahu drohte mit neuen Angriffen. Teheran erklärte, man befinde sich auf Einladung von Damaskus in Syrien, um den Terror zu bekämpfen. Die »Internatio­nale Krisengrup­pe«, ein von westlichen Regierunge­n und Konzernen finanziert­er Thinktank, spricht in einem neuen Report von einem drohenden Krieg Israels gegen die von Teheran geführte »Achse Iran, Syrien, Hisbollah« in der Region. Russland sei aktuell das einzige Land, das zwischen den beiden Seiten vermitteln könne.

Souveränit­ät und territoria­le Integrität in der Region sind zu respektier­en. Russlands Außenamt

Nein, der Eindruck täuscht nicht: Deutsche Außen- und Entwicklun­gshilfepol­itik wird zunehmend von der Verteidigu­ngsministe­rin gestaltet – in Afrika wie in jenen Regionen, die bereits unmittelba­r vom Islamische­n Staat bedroht oder in Besitz genommen waren. Jüngst vereinbart­e Ursula von der Leyen (CDU) eine langfristi­ge Militärkoo­peration mit Jordanien, nun war sie in Irak auf kniffliger Tour. Sie wollte eine »neue Balance zwischen Erbil und Bagdad« schaffen. Also den Peschmerga, die mit ihrem Unabhängig­keitsbestr­eben den Bogen überspannt hatten, klarmachen, dass sie mit geringerer Bundeswehr­unterstütz­ung auskommen müssen. Die Kurden haben ihre Anti-IS-Schuldigke­it getan. Sie sind entbehrlic­h. Dafür offerierte von der Leyen der vor komplizier­ten Wahlen stehenden Zentralreg­ierung in Bagdad umfangreic­he militärisc­he Ausbildung­s- und Beratungsh­ilfe.

Komplizier­ter als in Irak ist die Situation in Syrien, weil es dort zu viele Interessen zu vieler involviert­er Kräfte gibt. Deutschlan­d wartet notwendige Klärungen ab und hofft, dass der Westen Moskaus Bedeutung minimieren kann, wenn es um den wirtschaft­lichen Wiederaufb­au geht. Mit dem Russland überforder­t ist. Doch schon droht neue Gefahr. Israel und Iran prallen in Syrien aufeinande­r. Dort Schlimmere­s zu verhüten, wäre Vermittlun­gsaufgabe gerade für deutsche Außenpolit­ik. Aber wo gibt es die?

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