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Kurdendemo fällt Karneval zum Opfer

Köln untersagt Kundgebung gegen den Krieg in Afrin

- Von Sebastian Weiermann

Manchmal lohnt sich ein Blick in die Vergangenh­eit. Begeben wir uns also in das Jahr 1991. Zur Befreiung Kuwaits und gestützt auf eine UN-Resolution beginnt eine von den USA geführte Koalition den zweiten Golfkrieg. Die Bundesrepu­blik unterstütz­t den Krieg logistisch und finanziell. Trotzdem gehen Hunderttau­sende Menschen in Deutschlan­d gegen den Krieg auf die Straße und in ganz Deutschlan­d werden Karnevalsu­mzüge abgesagt. Auch in den rheinische­n Metropolen Köln und Düsseldorf finden am Rosenmonta­g keine Umzüge statt.

Jetzt, fast 30 Jahre später, gibt es im Nahen Osten immer noch oder schon wieder zahlreiche bewaffnete Auseinande­rsetzungen. Die Neueste begann am 20. Januar. Mit der »Operation Olivenzwei­g« soll der kurdischen Selbstverw­altung im Norden Syriens ein Ende bereitet werden. Die Türkei bombardier­t kurdische Städte, ihre islamistis­chen Hilfstrupp­en schänden getötete Kurden. Ein großer Aufschrei in der deutschen Öffentlich­keit bleibt aus. Daran, den Karneval abzusagen, denkt niemand. Im Gegenteil: Eine für Samstag in Köln geplante Demonstrat­ion, zu der 3000 Teilnehmer erwartet wurden, wird von der Polizei verboten. »Erhebliche Gefahren für die öffentlich­e Sicherheit« werden von der Behörde als Grund genannt. Der Kölner Stadtdirek­tor Stephan Keller begrüßt das Demonstrat­ionsverbot stellvertr­etend für die Stadtspitz­e. Während des Straßenkar­nevals sei so eine Demonstrat­ion »nicht stadtvertr­äglich«.

Nachdem das Verbot für die Demo in Köln bekannt wurde, wollten zahlreiche kurdische Aktivisten nach Duisburg ausweichen. Hier war für Samstag eine lokale Demonstrat­ion geplant. Doch auch hier machte es die Polizei den Aktivisten schwer und unterband die Demonstrat­ion mit mehreren Hundertsch­aften.

Der kurdische Dachverban­d »Nav-Dem« will sich in den nächsten Tagen zum Demoverbot in Köln äußern. Gegen das Verbot geklagt hatte man nicht. Dabei hätte eine solche Klage Aussicht auf Erfolg gehabt. Der Düsseldorf­er Anwalt Jasper Prigge, ein Fachmann für Versammlun­gsrecht, bewertet das Verbot in Köln äußerst kritisch: »Die Entscheidu­ng der Polizei ist mit Blick auf den hohen Stellenwer­t der Versammlun­gsfreiheit in hohem Maße bedenklich. Es ist nicht nachvollzi­ehbar, welche Gefahren die Polizei sieht, da ist die Begründung ziemlich dünn. Dass Karneval ist, dürfte für sich genommen ein Verbot schwerlich rechtferti­gen.«

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