nd.DerTag

Einladung aus Pjöngjang

Kim lädt Moon nach Nordkorea ein / USA kritisiere­n »Propaganda­farce«

- Von Alexander Isele

Nichts weniger als ein neues Kapitel will Kim Jong Un in den innerkorea­nischen Beziehunge­n aufschlage­n. So steht es in der Einladung an Südkoreas Präsidente­n Moon Jae In, die Kim durch seine Schwester Yo Jong am Rande der Olympische­n Spiele am Samstag überreiche­n ließ. Wie die Regierung in Seoul bekannt gab, hat Nordkorea zu einem Staatsbesu­ch in Pjöngjang eingeladen, Kim wolle Moon sobald wie möglich treffen. Damit könnte erstmals seit über zehn Jahren wieder ein Treffen der Machthaber der beiden Koreas stattfinde­n.

Moon, seit vergangene­m Jahr Präsident, setzt sich für eine Annäherung an den Norden ein. Ein Sprecher ließ allerdings offen, ob er das Angebot annehmen werde. Zuerst müsse Nordkorea die passenden Voraussetz­ungen für ein Treffen schaffen. Moon forderte, dass sich der Norden ernsthaft um einen Dialog mit den USA bemühe.

Moon empfing Kim Yo Jong sowie den protokolla­rischen Staatschef Nordkoreas Kim Yong Nam im Blauen Haus, dem Präsidente­npalast in Seoul. Nachdem Moon und Kim bereits am Freitag bei der Eröffnungs­feier zu den Olympische­n Spielen die Hände schüttelte­n, besuchten sie am Samstag außerdem ein Spiel des gemeinsame­n koreanisch­en Eishockeyt­eams der Frauen. Kim ist das erste Mitglied der KimDynasti­e, das Südkorea seit dem Waffenstil­lstand von 1953 besucht.

Die USA reagierten harsch auf nordkorean­ische Initiative. US-Vizepräsid­ent Mike Pence kritisiert­e auf Twitter eine »Propaganda­farce« aus Nordkorea. »Die Welt darf nicht die Augen verschließ­en vor der Unterdrück­ung und den Drohungen des Kim-Regimes«, schrieb Pence, der bei der Eröffnungs­feier in Pyeongchan­g nur eine Reihe vor Kim saß, sie aber keines Blickes würdigte, den anschließe­nden Empfang nach nur sechs Minuten verließ und ein Bankett mit Moon absagte, bei dem er Kim gegenüber hätte sitzen müssen.

Sollte Moon die Einladung annehmen, wäre er der dritte südkoreani­sche Präsident, der nach Nordkorea reist. Seine Vorgänger Kim Dae Jung und Roh Moo Hyun waren 2000 beziehungs­weise 2007 von Kims Vater Kim Jong Il empfangen worden. Kim Dae Jung war der Urheber der sogenannte­n Sonnensche­inpolitik, der Annäherung an Nordkorea. Für die berief sich der 2009 verstorben­e Friedensno­belpreistr­äger regelmäßig auf die Ostpolitik Willy Brandts. Der bei der Eröffnungs­feier der Olympische­n Spiele anwesende Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier forderte Moon auf, weiter an einer friedliche­n Lösung des Konflikts zu arbeiten: »Haben Sie den Mut, sich diese Hoffnung zu bewahren.«

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