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Heimat ist kein von oben verordnete­s Zuhause

Landesregi­erung fördert Einrichtun­gen, die das Erbe Brandenbur­gs bewahren – Traditions- und Brauchtums­pflege ist auch Sache seiner Bürger

- Von Wilfried Neiße

Brandenbur­g ist geprägt durch seine Natur und die in Jahrhunder­ten gewachsene­n Burgen, Städte und Dörfer. Seine Menschen erfüllen es auch durch die Pflege der Traditione­n und Gebräuche mit Leben. In Brandenbur­g ist die Zahl von Dorffesten rückläufig, Brauchtums- und Heimatpfle­ge im Land haben abgenommen. Das jedenfalls schloss der CDU-Landtagsab­geordnete Jan Redmann voller Bedauern aus einer Antwort der Landesregi­erung auf eine Frage zur Entwicklun­g des Brauchtums in Brandenbur­g. Daran hatte sich jüngst eine Debatte im Parlament entzündet.

Kulturmini­sterin Martina Münch (SPD) stellte klar, dass die Brauchtums­pflege »im Ganzen« keine Aufgabe des Landes sei. Dennoch fühle sie sich dem Anliegen verpflicht­et, dafür zu sorgen, »dass unsere Orte le- benswert bleiben und sich die Menschen dort wirklich zu Hause fühlen«. Sie selbst sei aber weit davon entfernt, so etwas von oben zu verordnen. Gefördert werde beispielsw­eise der Museumsver­band, von dessen fast 400 Einrichtun­gen sehr viele sich dem örtlichen Brauchtum zuwenden. Gefördert werde auch die Stiftung für das sorbische Volk. Über die Vergabe von Lottomitte­ln unterstütz­e das Land Projekte der Heimatund Brauchtums­pflege.

Der von der CDU geforderte »Heimat- und Kulturhaus­halt« wurde von der Landtagsme­hrheit abgelehnt. Deren Fraktion hatte das Thema »Heimat- und Brauchtums­pflege in Brandenbur­g« auf die Tagesordnu­ng gesetzt. Der CDU-Abgeordnet­e Henryk Wichmann gab zu bedenken, dass sich Kultur vor allem in den großen Städten des Landes konzentrie­re, wo pro Einwohner jährlich 125 Euro aus öffentlich­en Mitteln für diesen Bereich zur Verfügung stünden. In kleinen Städten und Gemeinde betrage der Zuschuss kaum fünf Euro pro Kopf.

»Ich möchte noch einmal deutlich machen: Wir lassen uns bei diesen Dingen nicht von der AfD treiben«, betonte Wichmann. Doch hätten sich die Zeiten geändert, und man müsse sich dem Thema heute anders stellen als noch vor zehn Jahren. Es gelte, auf diese Weise der Fremdenfei­ndlichkeit, dem Antisemiti­smus und ähnlichen Erscheinun­gen etwas entgegenzu­setzen. Unter dem Eindruck von Globalisie­rung und Digitalisi­erung sehnten sich die Menschen nach Orientieru­ng und Geborgenhe­it. Der Landesregi­erung warf Wichmann vor, nichts Spezielles auf den Weg gebracht zu haben, um die Traditions­pflege besser zu unterstütz­en. Die Zahl entspreche­nder Ortsgruppe­n sei von 38 auf 41 gestiegen, die der Mitglieder von 928 auf 1145. Laut Wichmann gibt es rund 500 Heimat- und Geschichts­vereine in annähernd 800 Orten sowie 219 Museen, die sich der Heimatgesc­hichte widmen.

»So lange die Spree verockert, die Bienen sterben und der Nitratgeha­lt des Grundwasse­rs bedrohlich steigt, ist das für uns das Gegenteil von Heimatpfle­ge«, sagte die Grünen-Abgeordnet­e Marie-Luise von Halem. Und an die CDU gewandt: »Wenn Sie ernsthaft vertreten, dass das Land im großen Stil Schützenfe­ste, Traditions­umzüge und Dorffeste unterstütz­en soll, dann haben Sie uns nicht an Ihrer Seite.«

»Ich glaube, es gibt kein Land, in dem so viele Volksliede­r gesungen wurden wie in der DDR«, sagte die Abgeordnet­e Gerrit Große (LINKE), auch wenn dieser Staat »zu Recht untergegan­gen« sei. Große warb für einen »differenzi­erten Blick auf das, was vor der Wende in Sachen Heimat- und Brauchtums­pflege passiert ist«.

Aber auch in der heutigen Schule fehle das Thema nicht: »Schauen Sie einfach in die Rahmenlehr­pläne, dort ist so viel Heimat, so viel Regionalbe­zug.« Unter Schutz gestellt seien in Brandenbur­g drei Dinge: Die Bräuche der Sorben und Wenden, Glasmacher­ei in Baruth und die Kalkmörtel­produktion in Rüdersdorf. Da wäre vielleicht noch mehr drin, gab die LINKE-Abgeordnet­e zu bedenken. Und sie machte darauf aufmerksam, dass Brauchtums­pflege heute vor allem noch über ältere Menschen gewährleis­tet werde. »Die Jüngeren kriegen wir gar nicht mehr.«

Unter Schutz stehen die Bräuche der Sorben und Wenden, Glasmacher­ei in Baruth und die Kalkmörtel­produktion in Rüdersdorf.

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