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Seehofer auf Anti-Islam-Kurs

Heimatmini­ster sorgt kurz nach der Amtseinfüh­rung für Eklat / Grüne: »Er schadet unserem Land«

- Von Stefan Otto

Horst Seehofer schießt als Heimatmini­ster eine Spitze gegen den Islam. Der gehört seiner Meinung nach nicht zu Deutschlan­d. Parteiüber­greifend sorgt seine Aussage für viel Kritik.

Wohl nichts ist öder als eine aufgewärmt­e Debatte: Kaum ist Horst Seehofer in das Amt des neuen Bundesinne­n- und Heimatmini­sters eingeführt worden, stellt der CSU-Mann die Religionsf­reiheit infrage: »Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d«, sagte er der »Bild«Zeitung am Freitag. Das Land sei durch das Christentu­m geprägt, so der Minister. Dazu gehörten der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachte­n. Seehofer will aber »die bei uns lebenden Muslime« anerkennen, die gehörten »selbstvers­tändlich zu Deutschlan­d«. Er appelliert aber daran, die »landestypi­schen Traditione­n und Gebräuche« nicht »aus falscher Rücksichtn­ahme« aufzugeben.

Seehofer erhielt für seine Äußerungen Zuspruch im eigenen Lager, eckte aber auch gehörig an. Die Linksparte­i sieht darin ein Zugeständn­is an die AfD. »So ein Innenminis­ter gehört nicht zu einem religiös und weltanscha­ulich vielfältig­en Land«, erklärte Christine Buchholz, religionsp­olitische Sprecherin der Linksfrakt­ion im Bundestag. Niemand fordere, Weihnachte­n oder Ostern abzuschaff­en. »Wenn jemand den freien Sonntag infrage stellt, ist das der Einzelhand­el, aber nicht die Muslime.«

Kopfschütt­eln hat das Seehofer-Interview auch bei den Grünen hervorgeru­fen. »Der Satz geht völlig an den entscheide­nden Fragen vorbei«, meinte der Innenexper­te Konstantin von Notz. Seehofer verhindere mit solch leeren Floskeln eine notwendige Auseinande­rsetzung mit den Problemen und Chancen von Zuwande- rung. »Damit schadet er unserem Land.«

Weniger emotional klingt die Kritik an Seehofer bei FDP-Chef Christian Lindner. Er hält die Debatte schlicht für »überflüssi­g«. »Weder verlangt irgendwer die

Übernahme islamische­r Sitten, noch ist das Christentu­m Staatsreli­gion«, sagte er.

Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) wittert dagegen in der Äußerung auch unionsinte­rnen Konfliktst­off. »Es ist bemerkensw­ert«, sagte er, »dass der Bundesinne­nminister gleich an seinem ersten Arbeitstag eine völlig überflüssi­ge Kontrovers­e mit seiner Regierungs­chefin anzettelt.«

Vor acht Jahren hatte der damalige Bundespräs­ident Christian Wulff mit dem Satz »Der Islam gehört zu Deutschlan­d« eine Diskussion angestoßen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) unterstütz­te diese Aussage mehrfach. Und das tat sie auch diesmal. Die historisch­e Prägung Deutschlan­ds sei »natürlich eine christlich­e, eine jüdische«, ließ sie über ihren Sprecher Steffen Seibert am Freitagvor­mittag ausrichten. Aber inzwischen lebten in Deutschlan­d Millionen Muslime. »Auf Basis der Werte und Rechtsordn­ung gehört auch der Islam inzwischen zu Deutschlan­d.« Später ergänzte die Kanzlerin persönlich: Es müsse alles getan werden, um das Zusammenle­ben zwischen den Religionen gut zu gestalten.

»Weder verlangt irgendwer die Übernahme islamische­r Sitten, noch ist das Christentu­m Staatsreli­gion.«

Christian Lindner, FDP-Parteivors­itzender

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