Für die CDU steht der Feind links
Rote Hilfe bezeichnet Verbotsforderungen der Konservativen als »puren Populismus«
Die Rote Hilfe engagiert sich gegen staatliche Repression und verzeichnete zuletzt einen Mitgliederzuwachs. Für den CDU-Innenpolitiker Armin Schuster ist die Organisation deswegen ein Dorn im Auge. Die Rote Hilfe ist für viele linke Aktivist*innen der Feuerlöscher, wenn es brennt. Die Rechtshilfeorganisation leistet seit mehreren Jahrzehnten juristische und finanzielle Unterstützung bei Repression und Strafverfahren. Vielen konservativen Politiker*innen und Strafbehörden ist die Organisation daher ein Dorn im Auge. Nun hat Armin Schuster, Obmann der CDU im Innenausschuss des Bundestages, gegenüber der »Welt« die Prüfung eines Verbots der Roten Hilfe angedroht. Schuster sagte: »Bei aller notwendigen Konzentration auf extremistische Tendenzen innerhalb der AfD dürfen wir den linken Rand nicht vergessen.« Außerdem sprach Schuster von »massiven rechtsstaatsfeindlichen Aktivitäten«.
»Das ist purer Populismus«, erklärte hingegen Henning von Stoltzenberg, Mitglied des Bundesvorstandes der Roten Hilfe, gegenüber »nd«. »Es scheint, als wolle sich die CDU bei AfD-Wählern profilieren und sagen: Der Feind steht links.« Für von Stolt- zenberg verteidigt seine Organisation von links Grund- und Freiheitsrechte.
Die Rote Hilfe unterstützt linke Aktivist*innen, die bei politisch motivierten Aktionen festgenommen wurden und von Strafermittlungen betroffen sind. Der bundesweit tätige Verein mit Sitz im niedersächsischen Göttingen leistet Hilfe durch Öffentlichkeitsarbeit, Beratung, Vermittlung von Anwält*innen und bezuschusst Rechtsanwalts- sowie Verfahrenskosten. Daneben beteiligt sich die Organisation an Kampagnen gegen Polizeigewalt, Überwachung, Polizeigesetz- und Asylrechtsverschärfungen sowie die »politische Justiz gegen Linke«. Aktuell kritisiert die Organisation etwa das jüngste Polizeigesetz in Bayern, von dem massive Eingriffe in Grundrechte erwartet werden.
Rund 8000 Personen waren im Jahr 2016 Mitglied in dem Verein, der in 51 Städten aktiv ist. Von Stoltzenberg ging davon aus, dass es der CDU nicht passe, »dass wir wachsen«. Der Mitgliederzuwachs habe nicht nur mit der Repression beim G20-Gipfel in Hamburg im vergangenen Juli zu tun: »Auch Demonstrationen gegen Rechts und Proteste der Klimabewegung sind heute ständiger Repression ausgesetzt. Immer mehr Menschen sehen in diesen schwierigen Zeiten die Not- wendigkeit, sich bei uns zu organisieren.« In den jüngsten Verbotsforderungen sah er eine Strategie: »Immer wenn die CDU sich als Law-andOrder-Partei darstellen will, greift sie eine linke Organisation wie uns an.«
Unterstützung erhält die Rote Hilfe unter anderem von der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke. »Die Rote Hilfe hat Zulauf – prompt wird ein Verbot gefordert. Ich sage: In die- Henning von Stoltzenberg, Rote Hilfe sen reaktionären Zeiten braucht es radikal linke Gegenwehr mehr denn je!«, schrieb die LINKE-Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter.
Der Roten Hilfe wird häufig vorgeworfen, dass sie sich nicht von der Roten Armee Fraktion (RAF) distanziere, die im Jahr 1998 ihre Selbstauflösung erklärt hatte. Insbesondere eine Solidaritätserklärung mit drei gesuchten ehemaligen RAF-Mitgliedern, welche die Vereinszeitung im Jahr 2016 druckte, wird dabei ins Feld geführt. Der umstrittene Text ist allerdings von der Pressefreiheit gedeckt. »Die RAF wird medial nur noch aus dem Hut gezaubert, wenn die Verkaufszahl einer Zeitung gesteigert und Angst erzeugt werden soll. Da sie nicht anderes gegen uns in der Hand haben, wird nun das genutzt«, so von Stoltzenberg.
Viele Repressionspraktiken aus den 1970er und 1980er Jahren bestehen bis heute fort. So wird die von von Stoltzenberg als »weiße Folter« bezeichnete Isolationshaft bis heute angewendet. Sie trifft vor allem oppositionelle kurdische und türkische linke Exil-Politiker*innen, die nach ihrer Flucht aus der Türkei in Deutschland eingesperrt werden. Die Rote Hilfe unterstützt auch diese Gefangenen.
Und wie realistisch ist ein Verbot? Auf Anfrage des »nd« erklärte eine Mitarbeiterin des Bundesinnenministeriums, dass die Behörde sich nicht zu Verbotsüberlegungen äußere, »unabhängig davon, ob hierzu im Einzelfall überhaupt Anlass besteht«. Laut von Stoltzenberg gebe es keine Grundlage für ein Verbot. Der gesellschaftliche Rechtstrend mache ihn allerdings vorsichtig. »Gerade ist alles möglich. Aber wir sind breit aufgestellt und werden uns zur Wehr setzen, falls da etwas auf uns zukommt.«
»Wir sind breit aufgestellt und werden uns zur Wehr setzen, falls was auf uns zukommt.«