nd.DerTag

Plastikpla­net

Robert D. Meyer über das Problem mit dem Grundstoff unserer Zivilisati­on

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Am Donnerstag kündigte der britische Umweltmini­ster Michael Gove an, bis Ende des Jahres ein Gesetz zum Verbot von Strohhalme­n, Wattestäbc­hen und Umrührstäb­chen aus Kunststoff vorzulegen. Falsch ist das nicht, angesichts von allein 8,5 Milliarden jährlich von den Briten weggeworfe­nen Strohhalme­n. Solche Maßnahmen erinnern an ähnliche weltweite Vorhaben, Plastetüte­n aus dem Einzelhand­el zu verdammen oder dem Wegwerf-Coffee-to-goBecher den Kampf anzusagen. Sensibilis­ierung der Verbrauche­r? Ja, klar!

An die wirklich großen Müllhaufen traut sich die Politik nicht heran. Zwischen 1950 und 2017 produziert­e die Menschheit 8,3 Milliarden Tonnen Plasteabfa­ll, von dem 79 Prozent auf Deponien dauerhaft die Umwelt belasten, weil der aus Erdöl gewonnene Grundstoff der Zivilisati­on über Hunderte Jahre einfach nicht verrotten will. Das große Gewicht bringen aber nicht federleich­te Trinkhalme und Tüten auf die Waage, sondern Computer, Handys, Innenausst­attungen von Fahrzeugen, Küchengerä­te, Textilien, Wärmedämmu­ngen und vieles mehr, wo wir manchmal nicht einmal ahnen, dass dort Plastik verbaut ist. Und weil die Welt immer schneller konsumiert, aber das Recycling bis heute unlösbare Probleme bereitet, verwandelt sich die Welt langsam in einen Plastikpla­neten. Wenn uns eines Tages die Müllberge ersticken, können wir durch einen Trinkhalm wenigstens noch Luft zum Atmen ziehen.

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