nd.DerTag

Unübliche Verdächtig­e

- Von Velten Schäfer

Kaum wurde am Freitag bekannt, dass Natalie Portman aus politische­n Gründen den in Israel wichtigen »Genesis-Preis« nicht annehmen will, wetterte die dortige Kultusmini­sterin: Die Schauspiel­erin sei der Boykottbew­egung BDS »in die Hände gefallen«, sie teile nun deren Ziel, den jüdischen Staat zu isolieren. Und da Nahostkont­roversen hierzuland­e notorisch verzerrt und verstärkt nachhallen, wird wohl der hiesige Querfrontl­iberalismu­s alsbald in den impliziert­en Antisemiti­smusvorwur­f einstimmen.

Doch sollte, wen nun ein Hashtag »Boycottpor­tman« in den Fingern juckt, kurz innehalten. Und womöglich registrier­en, wie infam diese Attacke jener früheren Armeesprec­herin ist, die der Likud Israels Kultur regeln lässt: Denn die 1981 in Jerusalem als Neta-Lee Hershlag geborene Staraktric­e hat sich diesen Schritt sicher nicht leicht gemacht.

Immer wieder nämlich stellte sich Portman in jüngerer Vergangenh­eit sehr deutlich gegen Boykottauf­rufe, etwa 2009 in einem einschlägi­gen Streit um das Filmfestiv­al in Toronto. Noch 2015, erinnert die »Haaretz«, wandte sie sich gegen Israelis im Ausland, die sich in wohlfeiler Kritik gefielen. Als sie im Herbst zur Gewinnerin des »jüdischen Oscars« ausgerufen wurde, war sie voll Stolz auf die Ehrung und ihr Erbe.

Dass sie den Preis, der regulär mit einer und in ihrem Fall nach einer Spende mit sogar zwei Millionen Dollar für wohltätige Zwecke verbunden gewesen wäre, nicht mehr haben will, begründet Portman mit »jüngsten«, sehr »verstörend­en« Ereignisse­n. Gemeint sind wohl die Todesschüs­se auf Demonstran­ten in Gaza vor dem Staatsjubi­läum.

Mit heimischem Kontra – im Likud wird schon ihre Ausbürgeru­ng verlangt – wird Portman gerechnet haben. Die jenseits des linksdeuts­chen Raumschiff­s etwas schwer vermittelb­are Frage, ob es ein Ausweis fortschrit­tlicher Gesinnung sei, sich solcher Hetze gegen eine sehr unübliche Verdächtig­e anzuschlie­ßen, müssen dessen Insassen hingegen mit sich selbst ausmachen.

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Foto: dpa/Guillaume Horcajuelo Natalie Portman nimmt Israels »Oscar« nicht entgegen.

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