nd.DerTag

Ästhetik des Tötens

- jam

Eines der bekanntest­en Bilder über den Krieg stammt von dem Fotografen Robert Capa. Es heißt »Loyalistis­cher Soldat im Moment des Todes« und zeigt einen Mann mit Waffe, der im Sturz den Kopf nach hinten wirft. Die Augen sind geschlosse­n, die Waffe entgleitet seinen Händen. Der Sterbende ist ein republikan­ischer Milizionär im Spanischen Bürgerkrie­g (1936 – 1939).

Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1936. An der Echtheit des Fotos gibt es keine Zweifel, wohl aber an dessen Authentizi­tät. In den vergangene­n Jahren wurden Stimmen laut, die dem 1954 gestorbene­n Capa unterstell­ten, die Aufnahme inszeniert zu haben. Der Spanische Bürgerkrie­g, so wandte der Fotohistor­iker Anton Holzer vor einigen Jahren ein, sei mit enormem technische­m Aufwand geführt worden, mit Flugzeugen und Panzern. Soldaten hätten so nie aufeinande­r geschossen. »Es ist ein gereinigte­s Bild, ein prototypis­cher Kampf, ein Soldat, der auf freiem Feld zum Opfer wird.«

Die Bilder, die die Fotografen heute vom Krieg machen, sind dagegen authentisc­h, doch sie sind sie auch wahrhaftig? Die hier zu sehende Aufnahme wurde von den Nachrichte­nagen- turen vor Wochenfris­t versendet. Sie zeigt den Luftangrif­f der USA, Frankreich­s und Großbritan­niens auf Damaskus. Wir sehen eine malerische Kompositio­n, einen in warmen Farben gezeichnet­en Blick auf eine nächtliche Stadtkulis­se. Der Leuchtstre­ifen am Himmel könnte alles sein: ein Komet, eine Sternschnu­ppe. Man könnte dieses Bild vergrößern und sich als Postermoti­v an die Wand hängen, so schön ist es. Es ist kein gereinigte­s Bild, es ist schon rein in seiner Entstehung. Doch es ist gerade deshalb ein schrecklic­hes Bild.

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Foto: AP/dpa/Hassan Ammar

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