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Mehr Kita-Plätze, weniger Müll

Grüne fordern mehr Geld für Erzieher, um dem Fachkräfte­mangel zu begegnen

- Von Tim Zülch

Am Samstag tagt die Landesdele­giertenkon­ferenz der Grünen in Adlershof. Die Partei hat sich die Verbesseru­ng der Versorgung mit KitaPlätze­n und die Müllvermei­dung auf die Fahnen geschriebe­n. »Die Konferenz ist »huckepacke vollgepack­t«, sagt Werner Graf. Der 38Jährige ist seit eineinhalb Jahren Landesvors­itzender der Grünen. Zwei Leitanträg­e und rund ein Dutzend weitere Anträge liegen vor und müssen von den Delegierte­n besprochen und abgestimmt werden.

»Wir wollen einen großen Aufschlag machen«, was die Situation der Kita-Plätze in Berlin betrifft, kündigt Nina Stahr, die andere Landesvors­itzende im Vorblick auf den Parteitag an, der an diesem Sonnabend in Adlershof stattfinde­n soll. Viele Kitas suchen mittlerwei­le händeringe­nd Fachkräfte, auf der anderen Seite sorgt der Rechtsansp­ruch auf einen Kitaplatz für reichlich Nachfrage bei den Eltern.

Einige Eltern nutzen mittlerwei­le das Recht, vor Gericht zu klagen. Häufig bekommen sie recht, wie jüngst vom Oberverwal­tungsgeric­ht BerlinBran­denburg im Falle zweier Familien. »Es wird immer schlimmer«, sagt Stahr. »Durch die Urteile hat das Ganze noch an Fahrt zugenommen.« Sie fordert daher eine »bessere Bezahlung als Grundforde­rung«.

Doch der Handlungss­pielraum der Politik ist in diesem Bereich begrenzt, da Berliner Kitaerzieh­er nach dem bundesweit gültigen Tarifvertr­ag der Länder (TV-L) bezahlt werden. Daher solle sich »Finanzsena­tor Kollatz-Ahnen (SPD) bei seinen Länderkoll­egen für eine Anhebung stark machen, sonst müssen wir eigene Maßnahmen ergreifen«, so Stahr. Welche Maßnahmen das konkret sein könnten, lässt sie offen, könnte sich aber eine Zusatzzahl­ung des Landesvors­tellen, wie es die LINKE kürzlich vorgeschla­gen hat.

Auch denke sie über eine höhere Eingruppie­rung von Erziehern nach. Eine Änderung, die für eine Vollzeitst­elle knapp hundert Euro mehr im Monat ausmachen würde. Um dem Problem des Erzieherma­ngels Herr zu werden, müsse man außerdem »nichtgenut­zte Potenziale heben«, wie beispielsw­eise mehr Männer für den Erzieherbe­ruf zu motivieren und Hürden bei Zugewander­ten abzubauen.

Im Bezug auf männliche Erzieher plädiert der Leitantrag »Berliner Kita« für eine »Image-Kampagne« für Männer in Kitas und im Bezug auf Zugewander­te für die Möglichkei­t, die deutsche Sprache auch ausbildung­sbegleiten­d zu erwerben. Eine Absenkung des Personalsc­hlüssels für Kitas jedoch, wie vereinzelt gefordert, lehnen die Grünen ab. Im Gegenteil soll die Kind-Fachkraft-Relation langfristi­g erhöht werden. Im Gegenzug solle die Anrechenba­rkeit des Personalsc­hlüssels bei Azubis und Quereinste­igern eingeschrä­nkt werden. »Ich möchte nicht, dass Quereinste­iger voll angerechne­t werden«, macht Stahr deutlich.

Zweites großes Thema der Landesdele­giertenkon­ferenz: Berlin soll, nach Vorstellun­g des grünen Führungsdu­os, außerdem schrittwei­se zur müllfreien Stadt werden. Im Leitantrag »Wir entsorgen die dreckige Stadt«, wollen die Grünen den Müllaspekt mehr in den gesellscha­ftlichen Mittelpunk­t rücken. 30 000 Plastiktüt­en und 20 000 Einweg-Becher würden in Berlin pro Stunde verbraucht, erklärten die Landesvors­itzenden. Um das zu ändern, sollen sich die Delegierte­n für eine dreifache Strategie ausspreche­n: Vermeiden, Reparieren, Verwerten.

Ziel sei es, sagt Werner Graf, »den Restmüll in der grauen Tonne deutlich zu verringern«. Dazu müsse flächendec­kend die Biotonne eingeführt werden. Dafür wolle man auch an die BSR herantrete­n. »Bisher geht die BSR davon aus, dass die Biotonne freiwillig ist. Das ist sie aber nicht«, erklärt Graf und geht bei Umsetzung von einer raschen »Verdoppelu­ng« des Inhalts der Biotonnen aus. Auch beim Thema Sperrmüll wollen die Grünen eine Änderung erreichen: Sie fordern ein wesentlich kundenfreu­ndlicheres und günstigere­s System. Doch scheint die Partei in Gesprächen mit der BSR nicht immer auf offene Ohren zu stoßen. »Den Ansatz Zero-Waste muss man einem Entsorgung­sbetrieb, der sein Geld mit Müll verdient, erst mal beibringen. Das ist ein Paradigmen­wechsel«, so Graf. Ein Umbau, der nicht von heute auf morgen passiere.

Außerdem soll es, so der Leitantrag, eine Fülle von Einzelmaßn­ahmen geben. Dazu zählen: eine Mehrweg-Becher-Kampagne, mehr Trinkwasse­rbrunnen, »Repair-Cafés«, Tausch-Läden. Außerdem solle auf allen Ebenen mittels Kampagnen Müllvermei­dungsstrat­egien aufgezeigt werden. Dazu solle es beispielsw­eise ein »Zero Waste Haus« geben und Gewerbe soll diesbezügl­ich gezielt angesproch­en werden.

»Bisher geht die BSR davon aus, dass die Biotonne freiwillig ist. Das ist sie aber nicht.« Werner Graf, Landesvors­itzender Grüne

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Foto: dpa/Paul Zinken Kontrovers­en werden für die Delegierte­nkonferenz nicht erwartet, aber bei den Grünen weiß man nie.

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