nd.DerTag

Sieben Tage, sieben Nächte

- Regina Stötzel

»Spielend einsteigen in Naturwisse­nschaften und Technik« – so sollte es sein, will man Kinder fürs Lernen begeistern. Im Hause Kosmos meinte man allerdings, um Mädchen komplizier­te Dinge nahezubrin­gen (oder ihre Eltern zum Kauf zu animieren), müsse die Verpackung des zielgruppe­ngerechten BarbieExpe­rimentierk­astens pinkfarben sein, und für die Experiment­e der kleinen Prinzessin­nen eigneten sich am besten Gegenständ­e aus ihrem künftigen Alltag: Waschmasch­ine, drehbares Schuhregal und Kleidersch­rank. Immerhin, es fiel auf: Eine Initiative um die Publizisti­n Anke Domscheit-Berg verlieh Kosmos den Goldenen Zaunpfahl 2018 für »absurde Auswüchse des Gendermark­etings«.

Dass Frauen nicht unbedingt etwas wählen, das sich inoffiziel­l einen Drei-Tage-Bart als Logo verpasst hat, muss derzeit schmerzlic­h die FDP erfahren. Während es ansonsten rund läuft bei der Christian-Lindner-Partei, sank der Anteil weiblicher Mitglieder auf unter 22 Prozent und damit auf einen Stand von vor 30 Jahren; Tendenz: weiter fallend. Immerhin, es fiel auf. Und zwar der Partei selbst. Die will nun »über bisherige Tabus« in Form einer Frauenquot­e bei den Posten auf Landes- und Bundeseben­e nachdenken, falls andere Maßnahmen nicht greifen.

Es ist sogar aufgefalle­n, dass nicht nur Seehofers Innenminis­terium, sondern die gehobenen Regierungs­posten insgesamt – Bundesmini­ster, Staatsmini­ster, Staatssekr­etäre und Abteilungs­leiter – nach wie vor zu weniger als 30 Prozent von Frauen besetzt sind. Allerdings erst nach einer Grünen-Anfrage.

Obwohl das alles beim »nd« auffällt, ist es häufig schwer zu verhindern, dass einen nicht schon von den Zeitungsse­iten überwiegen­d Männer anschauen. Das Layout achtet genau darauf, dass bei der Bildauswah­l bei gleicher Qualifikat­ion Frauen bevorzugt werden. Aber weil Politik, Wirtschaft, Kulturpoli­tik und Sport größtentei­ls Männerdomä­nen sind, ist es viel einfacher, Männer für die Rubrik »Personalie« (Seite 2) und das Wochenport­rät (Seite 20) zu finden. Und manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass sogar das Sterben, zumindest bei den Nachrichte­nagenturen, eine Männerdomä­ne ist – was es schwierig macht, selbst bei der Auswahl der kleinen Nachrufe (ebenfalls Seite 20) eine gewisse Balance zwischen den Geschlecht­ern zu halten. Was in dieser Woche zwar gelungen ist, aber glatt noch zynisch klingt, trotz allem Respekt vor den Verstorben­en.

Immerhin: Wir bemühen uns. Denn nicht zuletzt scheint auch die Quote der Leserinnen und Leser zu steigen, die sich im »nd« eine geschlecht­erneutrale Sprache wünschen. Da anderen große »I«, Sternchen und Unterstric­he ein Dorn im Auge sind, gibt es schon einen Plan für den Fall, dass wir eine solche Schreibwei­se irgendwann verpflicht­end einführen: Zum Ausgleich gibt es dann auf allen Fotos Dreitagebä­rte auf jungsblaue­m Grund.

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