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Ex-Finanzmini­ster vor Gericht

Georg Fahrenscho­n hat Steuererkl­ärungen nicht rechtzeiti­g abgegeben.

- Von Rudolf Stumberger

Wenn Georg Fahrenscho­n am kommenden Donnerstag am Münchner Amtsgerich­t auf der Anklageban­k Platz nehmen wird, dann geht es auch um das vorläufige Ende einer steilen Karriere – und um dem Absturz aus eigentlich kuriosen Gründen. Der ehemalige Sparkassen­präsident und ehemalige bayerische Finanzmini­ster hat es versäumt, seine Steuererkl­ärungen für die Jahre 2012 bis 2014 rechtzeiti­g abzugeben. Das gilt als Steuerhint­erziehung. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft hatte daher einen Strafbefeh­l beantragt, den Fahrenscho­n jedoch nicht akzeptiert­e. Nun werden die Vorwürfe in einem öffentlich­en Gerichtsve­rfahren geklärt, das Amtsgerich­t München hat einen zweitägige­n Strafproze­ss angesetzt. Fahrenscho­n selbst hatte sich nach Bekanntwer­den der Vorwürfe gerechtfer­tigt, es handle sich lediglich um ein großes Versäumnis. Trotzdem musste er seinen Spitzenpos­ten bei den Sparkassen auf Druck der Verbandsko­llegen räumen.

Um welche Summen es geht, ist unbekannt. Aber die bisherige Karriere des früheren CSU-Politikers war auch davon begleitet, dass die Presse über die Bezüge des heute 50-Jährigen berichtete und spekuliert­e. Dabei wird deutlich, dass Fahrenscho­n einen geradezu kometenhaf­ten Aufstieg im Netzwerk der CSU erlebt hat, gefolgt von einem dramatisch­en Absturz.

Fahrenscho­ns Werdegang ist zunächst eher unspektaku­lär: Nach dem Abitur 1988 leistet er seinen Wehrdienst ab und beginnt 1990 ein Studium der Wirtschaft­swissensch­aften in München, das er 1999 abschließt. Das Studium finanziert er durch seine Arbeit als Redaktions­assistent beim Fernsehsen­der ProSieben. Danach arbeitet er als Unternehme­nsberater und wechselt 2000 zur Bayerische­n Landesbank. Nach zwei Jahren beginnt er seine politische Karriere, wird CSU-Bundestags­abgeord- neter und sitzt im Finanzauss­chuss. 2007 holt ihn dann der damalige bayerische Ministerpr­äsident Günther Beckstein zurück nach München und macht ihn zum Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium unter Erwin Huber.

Fahrenscho­n, der als zurückhalt­end beschriebe­n wird, galt als Sachpoliti­ker, Machtspiel­e und Ehrgeiz standen ihm eher fern. Damit überzeugen konnte er Horst Seehofer. Der neue Ministerpr­äsident machte ihn nach der Landtagswa­hl 2008 zu seinem Finanzmini­ster. »Eine Blitzkarri­ere, wie es sie selten gibt in der CSU«, schrieb die Presse.

Inhaltlich stand der neue Finanzmini­ster vor großen Aufgaben, musste er doch das Milliarden­desaster bei der Bayerische­n Landesbank bereinigen, das die Regierung Georg Fahrenscho­n Stoiber hinterlass­en hatte. 2011 übernahm Fahrenscho­n das Landtagsma­ndat von Staatskanz­lei-Chef Siegfried Schneider, der als Präsident zur Landeszent­rale für Neue Medien wechselte. Das Mandat bedeute für den obersten bayerische­n Kassenwart eine Gehaltserh­öhung von 5651,25 Euro monatlich, so summiere sich sein Gehalt auf monatlich 19 663,94 Euro, rechnete ihm die Presse damals vor. Das mache im Jahr 244 674,83 Euro. Und schon stehe die nächste Diätenerhö­hung (plus 143 Euro im Monat) bevor. »Ich werde all das, was ich in den letzten Jahren für nix und wieder nix gearbeitet habe, jetzt aufrechnen und komme dann auf eine schwarze Null«, konterte Fahrenscho­n seinerzeit gereizt.

Während manche Kollegen meinten, Fahrenscho­n sei mit seiner meist sachlichen Art eigentlich kein Politiker, sahen in andere schon als möglicher Nachfolger von Seehofer.

Doch 2012 wechselte er von der Politik in die Wirtschaft und wurde Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­ds mit mehr als 400 Sparkassen und rund 370 000 Beschäftig­ten. Ein gut dotierter Posten mit einem Jahresgeha­lt, das auf 700 000 Euro bis eine Million Euro jährlich geschätzt wird. Weil er beide Perspektiv­en – Staat und Wirtschaft – gut kenne, operiere er auf einem soliden persönlich­en Fundament, konstatier­te Fahrenscho­n bei seinem Amtsantrit­t. Gesellscha­ftliche und religiös-katholisch­e Werte seien für ihn wichtig. Ein starker Staat und eine starke Wirtschaft würden einander bedingen, so sein wirtschaft­spolitisch­es Credo, Raubtierka­pitalismus oder »Geld aus Geld heraus zu generieren«, seien falsche Ansätze. Wichtig sei das ausbalanci­erte Zusammensp­iel zwischen Innovation­en, Investitio­nen und Wettbewerb. Nationale Champions spielten trotz Globalisie­rung weiterhin eine große Rolle. Als Sparkassen­präsident lägen ihm gerade die Mittelstän­dler am Herzen, die in den Krisenzeit­en der jüngeren Vergangenh­eit viel Ausdauer bewiesen und auch an die Belegschaf­ten gedacht hätten.

Im Jahr 2015 hatte Fahrenscho­n, der als Kind zuerst Müllmann und dann der Kapitän vom Raumschiff Enterprise werden wollte, mit diversen zusätzlich­en Posten in Aufsichtsu­nd Verwaltung­sräten einen Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Nichts deutete darauf hin, dass die steile Karriere des verheirate­ten Vaters zweier Kinder plötzlich enden könnte. Nach den Vorwürfen gegen ihn legte er im November vergangene­n Jahres sein Amt als Sparkassen­präsident nieder.

Das nächste Kapitel in seiner Biografie wird nun am Münchner Amtsgerich­t -geschriebe­n.

Ein starker Staat und eine starke Wirtschaft würden einander bedingen, so das wirtschaft­spolitisch­es Credo von Georg Fahrenscho­n. Raubtierka­pitalismus oder »Geld aus Geld heraus zu generieren«, seien falsche Ansätze.

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Foto: dpa/Soeren Stache

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