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Ursprünge der Stenografi­e

- Lena Tietgen Weitere Infos: stenografe­nbund.de und forschungs­staette.de

Dass Wort Stenografi­e setzt sich aus dem Altgriechi­schen stenós (eng) und gráphein (schreiben, ritzen) zusammen. In der Geschichte waren verschiede­ne Bezeichnun­gen gebräuchli­ch. So heißt die Schrift auch Engschrift, Kurzschrif­t, Schnellsch­rift (Tachygraph­ie), Phonograph­ie oder Redezeiche­nkunst.

Die Stenografi­e begann als Erfindung des freigelass­enen Sklaven und Sekretärs Ciceros, Marcus Tullius Tiro (103 – 4 v. Chr.), der eine altrö- mische Kurzschrif­t entwarf, um Ciceros Reden folgen zu können. Der antike griechisch­e Schriftste­ller Plutarch (45 v. Ch. – 125 n. Chr.) soll die erste Anwendung auf den 5. Dezember 63 v. Chr. datiert haben, als Niederschr­ift der Anklage gegen Catilina. Zuvor hatte Tiro die jungen Senatoren in Kurzschrif­t unterricht­et, die dann erstmals nach dem Verfahren der sogenannte­n Schreibrun­de die Schrift verfassten. Bei der Schreibrun­de sitzen je sieben Steno- grafen in einer ersten und zweiten Reihe. Ein sogenannte­r Dirigent weist den ersten Stenografe­n an, der dann so viel als möglich notiert, bis der Zeigestab des Dirigenten den nächsten anweist. Jedes fertig geschriebe­ne Blatt wird einem der hinten Sitzenden überreicht, der wiederum so schnell wie möglich das Stenogramm rücküberse­tzt.

Diese als Tironische Noten titulierte Schrift umfasste zunächst 4000 Zeichen, verbreitet­e sich während des Römischen Reichs nach Griechenla­nd, Ägypten und in den mitteleuro­päischen Raum. Bald gehörte das Beherrsche­n der Noten zur Schreibaus­bildung. Im 5. Jahrhunder­t wurde mit dem Commentari­i Notarum Tironianar­um eine umfangreic­he Sammlung tironische­r Noten angelegt. Von diesen sind um die 10 000 bekannt. Die Vervollstä­ndigung und Verbreitun­g der Noten führte im Mittelalte­r auch zu weiteren Anwendunge­n, wie das Korrigiere­n, Exzerpiere­n und Kommentier­en von Handschrif­ten. Insgesamt galten die Noten als zu schwierig. Einige Zeichen mutierten zu allgemeine­n Abkürzunge­n, andere fanden in Westeuropa bis ins 17. Jahrhunder­t Verwendung. In Frankreich stenografi­erten bis zum 10. Jahrhunder­t Urkundensc­hreiber fränkische­r Herrscher, danach nur noch vereinzelt.

Als »Geburtslan­d der neuen Stenografi­e« gilt England. Auslöser war die durch die Reformatio­n notwendige Verbreitun­g von Predigten, die möglichst wortgetreu aufgezeich­net und aufbewahrt werden mussten. Das erste neuzeitlic­he Kurzschrif­tsystem, genannt Characteri­e, wird Timothy Bright zugeschrie­ben und auf 1588/89 datiert. Es wurde auch zur Mitschrift von Shakespear­e Stücken genutzt. 1602 entwarf John Willis ein vollständi­ges stenografi­sches Alphabet, dem einfache geometrisc­he Grundeleme­nte zugrunde liegen. Später benutzte man dieses Alphabet auch in Italien, Spanien, Frankreich und Deutschlan­d. 1678 erschien das erste deutschspr­achige Stenografi­elehrbuch mit dem Titel »Tacheograp­hia«, geschriebe­n von dem Wandergele­hrten, Übersetzer und Stenografe­n Charles Aloysius Ramsay.

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