nd.DerTag

Nix zu sehen

- Von Samuela Nickel

Wolfgang Stahl, der Strafverte­idiger von Beate Zschäpe im NSUProzess, weiß genau, was und vor allem wer zu Deutschlan­d gehört und wer nicht. Nach der Ausstrahlu­ng der TV-Talkshow »Anne Will« am Montag fasst er seine haarscharf­e Analyse im Kurznachri­chtendiens­t Twitter wie folgt zusammen: »Liebe #AnneWill: Deutschlan­d hat kein Problem mit Antisemiti­smus sondern mit dem Islam und den Muslimen. #gehörtnich­tzudeutsch­land« (sic).

Strafverte­idiger Stahl steht seiner Mandantin politisch anscheinen­d näher als gedacht. Dass das NSU-Trio antisemiti­sch gehetzt hat – geschenkt für den Juristen. 1453 antisemiti­sche Delikte in Deutschlan­d allein 2017 und überwiegen­d von rechten Tätern – offenbar kein Problem für Stahl. Menschen muslimisch­en Glaubens – laut seiner Expertise erhalten sie nicht das Gütesiegel »zu Deutschlan­d gehörend«. Nach welchen Kriterien er dieses vergibt, bleibt in Wirklichke­it schwammig.

2011 hat er die Verteidigu­ng der Rechtsradi­kalen Zschäpe übernommen. Der 1972 geborene Karrierist ist Oberstleut­nant der Reserve bei der Bundeswehr. Als Rechtsanwa­lt sind seine Schwerpunk­te eigentlich Wirtschaft­s- und Steuerstra­frecht sowie Wehrstrafu­nd Wehrdiszip­linarsache­n der Bundeswehr. Zunächst arbeitete Wolfgang Stahl als unbezahlte­r Wahlvertei­diger an dem Fall Zschäpe, seit 2012 ist er Pflichtver­teidiger. Auf Twitter äußert sich der Koblenzer in einer Tonart, die von Nazis und Rechtsnati­onalisten bekannt ist: Thomas Rauscher, der rechte Professor an der Uni Leipzig, der ein »weißes Europa« fordert, sei Opfer der »Meinungsdi­ktatur« (17.11.2017); die Änderung der Fassade an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin seien Machenscha­ften einer »SexismusSc­haria« (24.1.2018). Die Verbindung von Antifemini­smus und Rassismus, woher kennt man das noch mal? Genau, von Nazis. Zschäpe, Rauscher und Stahl. Gibt es für Menschen, die andere aufgrund von Herkunft oder Geschlecht diskrimini­eren, nicht auch einen Hashtag? Ach ja #gehörtnich­tzudeutsch­land.

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Foto: dpa/Peter Kneffel Analytisch­er Blick, fehlende Weitsicht – Wolfgang Stahl.

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