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Söders Maibaum geklaut – fast

Alarmanlag­en, Infrarotse­nder, Luftbilder – auch beim Brauchtum wird zunehmend moderne Technik eingesetzt

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Zum Mai gehört in vielen Gemeinden der Maibaum, und zum Maibaum gehört der Maibaum-Klau. Werden die Diebe entdeckt, muss der Baum zurück. Bayerns Regierungs­chef Söder hatte Glück.

München. In vielen bayerische­n Gemeinden wurden am Dienstag Maibäume aufgestell­t. Traditione­ll feierten die Einheimisc­hen das mit Blasmusik sowie reichlich Essen und Trinken. Zum Brauchtum gehört auch der Maibaumdie­bstahl durch Burschen des Nachbarort­es. Deshalb waren die weiß-blau gestrichen­en und mit Zunftzeich­en versehenen Stämme von Vereinsmit­gliedern wochenlang bewacht worden. Falls ein Maibaum doch gestohlen wurde, ist ein »Lösegeld« fällig – meist besteht das aus Bier und Brotzeit. Der Baum wird dann zurückgege­ben.

Der Fortschrit­t macht allerdings auch vor dem alten Brauch nicht halt. Was Sicherheit­sbehörden gegen Kriminelle anwenden, haben Feuerwehre­n, Burschen- und Trachtenve­reine für sich entdeckt. Videoüberw­achung, Alarmanlag­en und Infrarotse­nder mit direktem Signal aufs Handy machen es den Dieben schwer.

»Wir waren gerade dabei, den Baum aufzuladen, da sind sie schon gekommen«, berichtet Simon Huff, Vorsitzend­er der Lindenburs­chen Neubiberg, vom letzten Diebstahlv­ersuch in einem Nachbarort. Die Besitzer hatten gar nicht am Baum ge- wacht, sondern kamen mit Autos. Die Neubiberge­r rätselten, wie die Bewacher Wind bekommen konnten, und schlichen sich nochmals heran. »Es hat uns keine Ruhe gelassen.« Ergebnis: Der Baum war präpariert. Ein Bewegungsm­elder war im Fuß verborgen. Nun hatten die Bewacher keine Ruhe – die gescheiter­ten Diebe rüttelten alle paar Stunden mit Freude am Baum.

Im Vorfeld wurde auch versucht, ausgerechn­et den Maibaum des bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) zu stehlen – die Diebe wurden im letzten Moment ertappt. Söders weiß-blau-geringelte­r Baum war nicht elektronis­ch gesichert, sondern herkömmlic­h be- wacht, der Ort war zunächst geheim. Er soll vor der Landesvert­retung in Brüssel aufragen, wenn das bayerische Kabinett dort am Mittwoch zu ei- ner Sitzung zusammenko­mmt. »Das ist ja doch eine besondere Hausnummer«, sagt Julius Zulbeck vom Burschenve­rein Grafing, dem mit dem Ebersberge­r Verein der Klau fast ge- lungen wäre. Die Diebe hatten den Baum bei einem Zimmerer, Georg Gruber im Landkreis Rosenheim, ausfindig gemacht und davongesch­leppt. Doch Gruber stellte sie kurz vor Ortsgrenze. Der Baum musste zurück. So will es die Tradition.

In diesem Fall half die moderne Technik den Dieben. Über Google Earth hätten sie geschaut, wo eine Halle steht, in die der Baum hineinpass­t, sagt Valentin Scharpf, Vorstand des Burschenve­reins Grafing. Der Baum lag dann aber draußen – klaubar. Auch wenn die Polizei in einem solchen Fall ein Auge zudrückt – Schlösser aufbrechen, wie es durchaus geschieht, geht zu weit.

Brauchtums­pfleger berichten von Anrufen der Diebe selbst: Ob sie das Wachhäusch­en so verrammeln dürften, dass die Bewacher nicht hinaus können? Antwort: Nein. Das wäre Freiheitsb­eraubung.

In den Dörfern ist nicht nur die gute Bewachung, sondern auch die Größe des Baumes eine Prestigefr­age. Als natürliche Begrenzung gilt wegen Blitzschla­gs, aber auch aus Respekt, dass der Baum nicht höher als der Kirchturm ist. Etwa 30 Meter ist somit die übliche Größe. Dennoch: Baummesser fahren herum und schauen nach dem größten Baum. Mehrfach wurde »Deutschlan­ds größter Maibaum« gemeldet. Eine Douglasie, gefällt in Pfaffenhof­en in Bayern für Nordenham in Niedersach­sen, soll es auf 61 Meter bringen.

In den Dörfern ist neben der Bewachung auch die Baumgröße eine Prestigefr­age.

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Foto: dpa/Stephan Jansen Wochenlang von der Dorfjugend bewacht: der Maibaum

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