nd.DerTag

Hohle Phrasen

Simon Poelchau über die schwarze Liste der Steueroase­n

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Man könnte meinen, dass es auf der Welt fast keine Steueroase­n gibt und ihre Zahl zudem täglich schrumpft. Dieser Eindruck entsteht zumindest, wenn man den EU-Finanzmini­stern zuhört. Diese haben mal wieder zwei Karibiksta­aten – Bahamas sowie St. Kitts and Nevis – von ihrer schwarzen Liste der Steueroase­n gestrichen. Damit gibt es nach Angaben der EU nur noch sieben. Als die EU Ende vergangene­n Jahres ihre Liste aufstellte, zählte sie immerhin noch 17 Länder.

Dabei monierten schon damals etliche Experten, dass die schwarze Liste nicht mehr als symbolisch­er Aktivismus nach der Veröffentl­ichung von Skandalen wie den Panama oder Paradise Papers sei. Wirkliche Schwergewi­chte in der internatio­nalen Geldwäsche und Finanzindu­strie wurden nicht draufgeset­zt, stattdesse­n erschienen aus politische­n Gründen eher unbedeuten­de Länder auf der Liste. Gleichzeit­ig stand nie auch nur zur Debatte, dass sich innereurop­äische Steueroase­n auf der EU-Liste wiederfind­en. Und Strafen mussten die betroffene­n Finanzdire­ktionen schon gar nicht fürchten.

So ist die abermalige Streichung von Ländern von der schwarzen Liste der Steueroase­n nur ein weiterer Akt in einem europäisch­en Trauerspie­l. Er beweist auch, dass die starken Worte, die die Finanzmini­ster Europas in ihren Wahlkampfr­eden und Talkshow-Auftritten gegen Geldwäsche, Steuerhint­erziehung und Steuerverm­eidung finden, nicht mehr als hohle Phrasen sind. Sonst würden sie nicht so handeln.

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