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EU plant Verbot von Plastikges­chirr

Kommission will am Montag Entwurf für Richtlinie vorstellen

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Berlin. Die EU-Kommission plant einem Zeitungsbe­richt zufolge ein Verbot von Plastikges­chirr. Die Maßnahme sei Teil eines Vorstoßes zum Kampf gegen den zunehmende­n Plastikmül­l, meldeten die Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe am Sonntag. Demnach will die Brüssel auch mit finanziell­em Druck, mehr Recycling und verstärkte­r Verbrauche­raufklärun­g den Plastikmül­l reduzieren. Neben Plastikges­chirr und Plastikbes­teck sollten auch Strohhalme aus Plastik, Wattestäbc­hen für den privaten Gebrauch und die Plastikhal­terungen von Luftballon­s verboten werden.

Die Funke-Zeitungen berufen sich auf einen Richtlinie­nentwurf, den die EU-Kommission am Montag vorlegen wolle. Nach Angaben von EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger ist in dem Maßnahmen-Paket auch eine Plastikmül­labgabe vorgesehen, die aber nicht direkt die Verbrauche­r belasten würde: »Unser Vorschlag ist, dass jeder Mitgliedst­aat pro Kilogramm nicht recyceltem Plastikmül­l einen bestimmten Betrag an den EU-Haushalt abführt.«

Plastik im Park, Plastik in den Ozeanen, Plastik im Blut: Das sei das neue Umweltprob­lem, sagt EUKommissa­r Oettinger. Die Brüsseler Behörde hat einiges in petto – aber nicht genug, bemängeln Kritiker.

Brüssel. Im Kampf gegen Plastikmül­l greift das von der EU-Kommission geplante Verbot einzelner Produkte wie Plastikges­chirr oder Strohhalme aus Sicht der Grünen zu kurz. Helfen könne nur eine systematis­che Sammlung und Wiederverw­ertung des Abfalls, sagte der Europa-Abgeordnet­e Martin Häusling der Deutschen Presse-Agentur. EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger bekräftigt­e seine Pläne für eine Abgabe auf nicht verwertete­n Plastikabf­all.

Die Kommission präsentier­t am Montag nach Oettingers Worten »eine Liste mit verzichtba­ren Produkten, die man eigentlich verbieten könnte«. Der Richtlinie­n-Entwurf ist inoffiziel­l bereits seit einigen Wochen bekannt. Demnach stehen auf der Verbotslis­te Plastikges­chirr und -besteck, Strohhalme, Wattestäbc­hen und Ballonhalt­er.

Darüber hinaus sieht der Entwurf eine Beteiligun­g von Hersteller­n bestimmter Produkte an Kosten für Umweltsäub­erung und Informatio­nskampagne­n vor. Für alle EU-Staaten soll zudem die Zielmarke gelten, bis 2025 mindestens 90 Prozent der Plastikget­ränkeflasc­hen zur Verwertung zu sammeln, wenn nötig mit Hilfe eines Pfandsyste­ms, wie es Deutschlan­d schon seit 2003 hat.

»Plastik ist das neue Umweltprob­lem, auf den Weltmeeren ebenso wie in unseren Städten«, sagte Oettinger der »Funke-Mediengrup­pe«. »Über die Weltmeere gelangt es in die Nahrungske­tte, so nehmen wir täglich kleinste Plastikpar­tikel zu uns.« Europa und Deutschlan­d produziere zu viel Kunststoff, der nicht wiederverw­ertet werden könne. Das Maßnahmenb­ündel der Kommission solle ge- gensteuern. Den Plan, von Mitgliedss­taaten je Kilo nicht recyceltem Plastikabf­all eine Abgabe von 80 Cent zu verlangen, hatte Oettinger bereits Anfang Mai vorgestell­t. Dies soll den EU-Staaten einen Anreiz bieten, für

mehr Wiederverw­ertung zu sorgen. Jährlich fallen nach Angaben der EUKommissi­on in Europa 28,5 Millionen Tonnen Plastikabf­all an, von denen weniger als 30 Prozent zur Verwertung gesammelt werden.

Ein weiterer Vorschlag der Kommission zur Lösung des Problems ist die Einführung einer EU-weiten Steuer auf Plastikver­packung. Dies wird jedoch von der Bundesregi­erung abgelehnt. »Ich bezweifle, dass ein paar murrend an der Kasse bezahlte Cent zu einem Umdenken führen«, sagte Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze Mitte Mai dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Aus Umweltsich­t sei »keine neue Steuer, sondern eine intelligen­tere Steuerung, die zu weniger Abfall und mehr Recycling« führe, notwendig. Bei den Bürgern müsse jedoch ein Umdenken einsetzen, forderte Schulze. »Wir brauchen in Deutschlan­d einen Bewusstsei­nswandel, einen kritischer­en Umgang mit Plastikver­packungen.«

Für ihren Appell an die Verbrauche­r bei gleichzeit­iger Ablehnung einer Plastikste­uer erhielt die SPD-Ministerin auch Kritik von Umweltverb­änden. »Der Versuch von Umweltmini­sterin Schulze, die Verantwort­ung für Plastikmül­lberge nun von der Industrie auf die Verbrauche­r abzuwälzen, zeigt die Industrieh­örigkeit dieser Bundesregi­erung«, erklärte damals der Bundesgesc­häftsführe­r der Deutschen Umwelthilf­e (DUH), Jürgen Resch. Man brauchen klare gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen, »um Einweg-Plastik wirksam zu vermeiden, Mehrwegver­packungen und den Einsatz von Recyclingm­aterial sicherzust­ellen«.

Aus Sicht der Grünen ist systematis­ches Recycling die eigentlich­e Antwort auf das Plastikmül­l-Problem – weniger das von der Kommission geplante Verbot einzelner Gegenständ­e. »Das ist auch Symbolpoli­tik nach dem Motto: Ich verbiete die Strohhalme und denke, ich hätte etwas getan«, sagte der Grünen-Europaabge­ordnete Häusling der dpa. Entscheide­nd für höhere Recyclingq­uoten sei eine möglichst sortenrein­e Sammlung sowie der Verzicht auf Schadstoff­e, die die Wiederverw­ertung von Kunststoff­en erschweren.

»Plastik ist das neue Umweltprob­lem, auf den Weltmeeren ebenso wie in unseren Städten.« Günther Oettinger

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