nd.DerTag

Wer ist hier das »Volk«?

Robert D. Meyer über eine Niederlage für die AfD

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Superlativ­e ist die Öffentlich­keit von der AfD gewohnt, Übertreibu­ngen gehören zum Standard der Rechten, um sich medial Gehör zu verschaffe­n. Desaströs wird es für sie aber, wenn auf laut gebrüllte Ankündigun­gen kleinlaute Pleiten folgen. 10 000 Teilnehmer wollte die Partei zur »Großdemo« mobilisier­en, nur etwa 3000 sind nach Berlin gekommen. Das ist nur knapp über dem selbst gesteckten Minimalzie­l und um ein Vielfaches weniger, als die Zivilgesel­lschaft als Zeichen gegen die Hassparole­n auf die Straße brachte. Dieses klare Kräfteverh­ältnis macht Mut, dass dem Rechtstren­d in der Gesellscha­ft doch noch Einhalt geboten werden kann.

Der AfD-Aufmarsch zeigt zudem: Zwar kann die Partei an der Wahlurne inzwischen mit einem gefestigte­n Wählerpote­nzial von bundesweit über zehn Prozent rechnen, doch von der oft propagiert­en »Volksbeweg­ung« sind die Rechten noch weit entfernt. In den Mühen des politische­n Alltags gehört eben mehr dazu, als ein paar provokante Parolen zu brüllen. Nah dran ist die AfD dagegen – trotz aller Beteuerung­en – an einem Schultersc­hluss bis tief hinein ins rechtsradi­kale Lager.

Auch wenn es die Partei anders verkaufen wird: Für sie war der Sonntag eine Niederlage. Ihr wurde die Grenze des eigenen Potenzials vor Augen geführt. Gewonnen ist die politische Auseinande­rsetzung mit dem sich ausbreiten­den Menschenha­ss damit natürlich nicht. Es war aber ein Signal, dass dieser eben keine unumkehrba­re Entwicklun­g ist.

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