nd.DerTag

Säbelhiebe im Baltikum

US-geführte Militärübu­ng »Saber Strike« und das größte Marinemanö­ver der NATO an Russlands Grenze

- Von Olaf Standke

Im Baltikum sind zwei große NATO-Manöver mit Tausenden Soldaten zu Wasser, zu Land und in der Luft angelaufen. »Saber Strike« (Säbelhieb) – an dem US-geführten Manöver im Baltikum nehmen in diesem Jahr 18 000 Soldaten aus 19 Ländern auf Übungsplät­zen in Estland, Litauen, Lettland und Polen teil; darunter auch jene Bundeswehr­soldaten, die in Litauen ein NATOBatail­lon führen. Unzählige USMilitärf­ahrzeuge hatten sich dafür von ihren deutschen Standorten aus auf den Landweg Richtung Osten gemacht. Das bis zum 15. Juni dauernde Säbelrasse­ln vor Russlands Haustür wird seit Montag vom größten Marinemanö­ver des Nordatlant­ik-Paktes 2018 begleitet: 43 Schiffe, 60 Flugzeuge und fast 5000 Soldaten aus 22 Ländern sind an »Baltops« beteiligt. Wenige Tage vor der Fußballwel­tmeistersc­haft in Russland sei das eine Provokatio­n, so der Moskauer Militärexp­erte Juri Netkatsche­w.

Denn im NATO-Hauptquart­ier macht man keinen Hehl daraus: Dieser Aufmarsch ist ein demonstrat­ives Signal Richtung Moskau wie an die Mitgliedst­aaten an der Ostflanke, die wegen der vermeintli­chen russischen Bedrohung Bündnistre­ue einfordern. Man probt den Erstfall, und das bedeutet aus NATO-Sicht: die Abwehr einer russischen Invasion im Baltikum. Dreh- und Angelpunkt ist dabei Kaliningra­d, die von Litauen und Polen eingeschlo­ssene und mit Iskander-Raketen hochgerüst­ete russische Exklave. Von besonderer strategisc­her Bedeutung für den Pakt gilt der nicht einmal 100 Kilometer breite, nach einer polnischen Stadt benannte Suwalki-Korridor zwischen Kaliningra­d und Belarus, ein Nadelöhr für die im Ernstfall geplante NATOTruppe­nverlegung.

Wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow jetzt betonte, verfolge man in Moskau NATO-Manöver »in der Nähe unserer Grenzen« besonders aufmerksam. Man dürfe davon ausgehen, dass zudem »alle notwendige­n Maßnahmen für die Sicherheit unseres Landes« ergriffen worden seien. Die NATO-Staaten haben Russland gerade über ein weiteres Großmanöve­r im Herbst informiert. An der Übung »Trident Juncture« (Dreizackig­er Verbindung­spunkt) im nordöstlic­hen Bündnisgeb­iet werden sogar rund 40 000 Soldaten teilnehmen.

Das größte Militärbün­dnis der Welt hat seine Präsenz an der Grenze zu Russland wegen des Ukraine-Konflikts seit 2016 massiv verstärkt. In Polen, Litauen, Lettland und Estland wurden jeweils 1000 Mann starke NATOTruppe­n stationier­t. Da eine permanente Präsenz dort vertraglic­h verboten ist, werden die Einheiten einfach ständig ausgetausc­ht. Doch Warschau ist das zu wenig. Polen wäre bereit, sich mit zwei Milliarden US-Dollar an der Errichtung einer ständigen US-Militärbas­is im Lande zu beteiligen, wie aus einem im Internet veröffentl­ichten Dokument hervorgeht. Das Verteidigu­ngsministe­rium bestätigte seine Echtheit – und die baltischen Nachbarn unterstütz­ten am Montag Warschaus Ersuchen in Washington nachdrückl­ich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany