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Wir müssen unsere Handelspol­itik ändern, sonst tut Trump es

Alexander Ulrich (LINKE) über die Probleme mit dem deutschen Exportfeti­sch

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Der Handelskon­flikt mit den USA zeigt vor allem eins: Die Bundesregi­erung muss dringend ihre Wirtschaft­spolitik ändern und die Außenhande­lsüberschü­sse abbauen. »Wir sind halt so wettbewerb­sfähig, da kann man nichts machen«, heißt es in Regierungs­kreisen gerne. Doch das wird nicht länger funktionie­ren. Innerhalb Europas ist man vielleicht stark genug, diese »Seinen Nachbarn zum Bettler machen«–Strategie gegen den verärgerte­n Protest fast aller durchzuzie­hen. Sollen die sich doch mit Liberalisi­erungs- und Kürzungspr­ogrammen anpassen und auch so stark werden. Zölle und Währungsab­wertung als Verteidigu­ngsmittel stehen ihnen in der Eurozone ja nicht mehr zur Verfügung.

Donald Trump hingegen hat diese Waffen in der Hand – und den Finger am Abzug. Die US-Administra­tion lässt keinen Zweifel daran, dass sie nicht mehr länger bereit ist, jährlich ein 170-Milliarden-Defizit gegenüber der EU zu finanziere­n. An ihrer Fähigkeit, eine gleichmäßi­gere Bilanz zu erzwingen, kann es keinen Zweifel geben. Spätestens mit der finalen Einführung von Schutzzöll­en auf Stahl und Aluminium »made in Europe« sollte das jedem klar sein. Trump hat der EU zwei Monate Zeit gegeben, Angebote zu machen und einen »Deal« zu schließen. Jetzt macht er ernst.

Dass es mit der vielfach beschworen­en »gemeinsame­n Linie der Europäer« gegenüber Trump nicht so einfach ist, überrascht nicht. Schließlic­h gibt es auch zwischen den EU-Mitgliedss­taaten gravierend­e Widersprüc­he in den wirtschaft­lichen Interessen. Vor allem den Franzosen sind die deutschen Über- schüsse ein Dorn im Auge. Präsident Emmanuel Macron bescheinig­te seinen Nachbarn im Osten jüngst einen Exportfeti­sch und betonte in Washington freudestra­hlend, dass die französisc­he Handelsbil­anz mit den USA ja ausgeglich­en sei.

Wenn Trump also nun einen »Handelskri­eg« mit der EU vom Zaun bricht, richtet sich der nicht gegen alle EU-Staaten gleicherma­ßen, son- dern vor allem gegen Deutschlan­d, das für rund 80 Prozent der EUÜberschü­sse allein verantwort­lich ist. »The Germans are bad, very bad« ist eine der wesentlich­en Säulen seiner Handelspol­itik.

Spätestens in der nächsten Eskalation­sstufe im aktuellen Zollkonfli­kt würde das sehr deutlich sichtbar werden: Dass die EU nun »Gegenmaßna­hmen« ergreift, gilt als abgemachte Sache. Zwar wird das Volumen der EU-Zölle zunächst nur halb so hoch liegen wie das der USA – hier werden die Kräfteverh­ältnisse deutlich – trotzdem sollen zur Rache der europäisch­en Stahlprodu­zenten nun amerikanis­che Whiskeybre­nner, Motorradba­uer und Jeansfabri­kanten bluten. Der US-Handelsbea­uftragte Wilbor Ross ließ jedoch genauso wenig Zweifel wie sein Präsident, dass Gegenmaßna­hmen beantworte­t werden. Diese Gegen-Gegenmaßna­hmen werden sich gegen die Autokonzer­ne richten, zur Not – in den Worten Trumps – bis »auf der 5th Avenue kein Mercedes mehr zu sehen ist«.

Das würde Deutschlan­d härter treffen als alle anderen EU-Nationen. Nirgendwo sonst ist die Automobili­ndustrie eine derart zentrale Säule der Volkswirts­chaft. Nach Dieselgate und durch Übernahmen ohnehin schwer angeschlag­en, könnte der Sektor eine 25-Prozent-Bezollung bei Exporten in die USA wohl nur schwer wegstecken. Zu wichtig ist der US-amerikanis­che Absatzmark­t, zu viele Arbeitsplä­tze hängen vom Wohlergehe­n der Automobilk­onzerne ab. Rechnet man die Zulieferer und indirekte Abhängigke­iten mit ein, kommt man in Deutschlan­d auf rund zwei Millionen Arbeitsplä­tze, die am Autobau hängen.

Deutschen Wirtschaft­spolitiker­n sollte also klar sein: Entweder wir bauen unsere Überschüss­e selbst ab, oder Trump übernimmt den Job. Ein gestaltete­r politische­r Prozess, der vor allem auf eine stärkere Binnennach­frage, öffentlich­e Investitio­nen und Modernisie­rung im Sinne eines sozial-ökologisch­en Umbaus setzt, wäre wohl für alle Beteiligte­n besser als die trump´sche Kaputtschl­agMethode, mit der hierzuland­e wirtschaft­skrisenart­ige Entwicklun­gen provoziert werden könnten. Sollte es trotzdem so weit kommen, muss sich die deutsche Wirtschaft­spolitik vor allem an die eigene Nase fassen.

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Foto: DIE LINKE im Bundestag Alexander Ulrich (LINKE) ist Mitglied im Wirtschaft­sausschuss des Bundestags.

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