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Nur eine Brandstift­erin?

Zschäpes »Altverteid­iger« plädieren im NSU-Prozess

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Am 428. Verhandlun­gstag im Münchner NSU-Prozess begann das Plädoyer der sogenannte­n »Altverteid­igung« von Beate Zschäpe, der Hauptangek­lagten.

Frau Zschäpe sei »keine Terroristi­n, keine Mörderin und keine Attentäter­in«. So sprach Rechtsanwa­lt Wolfgang Heer zu Beginn seines Plädoyers am Dienstag. Er forderte das Gericht auf, seine Mandantin in all diesen Anklagepun­kte freizuspre­chen. Heer sah lediglich eine Schuld wegen »einfacher Brandstift­ung« in der Zwickauer Frühlingss­traße.

Die Bundesanwa­ltschaft dagegen betrachtet Zschäpe als gleichbere­chtigtes Mitglied der rechtsextr­emistische­n Terrorgrup­pe Nationalso­zialistisc­her Untergrund (NSU). Die hatte mutmaßlich zehn Menschen ermordet, Bombenansc­hläge verübt und Banken überfallen. Die Anklage fordert lebenslang­e Haftstrafe mit anschließe­nder Sicherheit­sverwahrun­g.

Heer nannte kein konkretes Strafmaß, meinte allerdings, dass Zschäpe angesichts der Untersuchu­ngshaft von sechs Jahren und sieben Monaten aus dem Gefängnis entlassen werden müsse. Nach seiner Ansicht hatte sie auch keinen fairen Prozess bekommen. Bereits nachdem sie sich im November 2011 gestellt hatte, sei sie zu Aussagen verführt worden.

Heers Plädoyer ist keine alltäglich­e Pflichtaus­übung eines Verteidige­rs. Die Mandantin lehnt ihn sowie seine Anwaltskol­legen Wolfgang Stahl sowie Anja Sturm ab und redet seit geraumer Zeit nicht mehr mit ihnen. Die drei sogenannte­n »Altverteid­iger« hatten der Mandantin zum Schweigen geraten, das jedoch hielt Zschäpe nicht durch. Zwei Jahre nach Prozessbeg­inn überwarf sie sich mit den drei Anwälten und ließ sich zwei neue genehmigen. Die bereiteten eine schriftlic­he Aussage vor. Darin bestritt Zschäpe von den Morden und Sprengstof­fanschläge­n, die ihre Lebensgefä­hrten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – beide sollen sich nach dem Auffliegen der Terrorvere­inigung im November 2011 in Eisenach getötet haben – begangen haben sollen, vorab gewusst zu haben. Die »Neuanwälte«, Hermann Borchert und Mathias Grasel, hatten Ende April ebenfalls einen Freispruch von den meisten Anklagepun­kten gefordert und für eine Haft unter zehn Jahren plädiert.

Vor dem Düsseldorf­er Landgerich­t ging gleichfall­s am Dienstag der sogenannte Wehrhahn-Prozess weiter. Dabei geht es um einen rechtsextr­emistisch motivierte­n Bombenansc­hlag im Juli 2000. Vor knapp drei Wochen war die Freilassun­g des Angeklagte­n angeordnet worden.

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