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Schultersc­hluss der Rechten

Nach harten Worten gegen Flüchtling­e setzt kündigt Lega-Chef Matteo Salvini Zusammenar­beit mit Viktor Orbán an

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Matteo Salvini will mit Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán die EU reformiere­n. Während Premier Conte das Vertrauen des Parlaments sucht, zeigt sein Innenminis­ter auf, wohin die Reise gehen soll. Nach seinen Propaganda­auftritten in Sizilien lancierte der frisch gekürte Innenminis­ter Matteo Salvini (Lega) den nächsten Paukenschl­ag: »Mit Viktor Orbán werden wir die Regeln der EU ändern!« Er habe »lange und herzlich« mit dem ungarische­n Premier gesprochen, man sei sich einig in der Frage, dass die Flüchtling­e in großer Zahl zurückgedr­ängt werden müssten und dementspre­chend das Dubliner Abkommen geändert werden solle. Beifall für seine Äußerungen erntete Salvini auch von den Rechtspart­eien Österreich­s, Proteste allerdings von Seiten der tunesische­n Regierung, die sich gegen die Äußerungen des Ministers verwehrte. Salvini hatte bei einem seiner sizilianis­chen Auftritte erklärt, Tunesien »entsende nur seine Zuchthäusl­er über das Mittelmeer«, dessen werde man sich erwehren. Der Lega-Chef zeigt mit seinen Worten und dem Schultersc­hluss zu anderen rechten Populisten Europas deutlich, wohin seine Politik gehen soll.

Am Dienstag begann die erste Runde der Vertrauens­abstimmung­en im italienisc­hen Senat. Mit einem eineinhalb­stündigen Auftritt warb der neue Regierungs­chef Giuseppe Conte – flankiert von seinen Stellvertr­etern Luigi Di Maio (Fünf-Sterne-Bewegung) und Salvini – für das Programm der gerade etablierte­n Koalitions­regierung.

Auch Conte plädierte für eine neue Flüchtling­sregelung und eine Überarbeit­ung des Dubliner Abkommens.

Italien heiße diejenigen willkommen, die vor Kriegen fliehen mussten. »Illegale Einwandere­r« oder Wirtschaft­sflüchtlin­ge müssten jedoch in ihre Heimatländ­er zurückkehr­en. Darüber hinaus müssten die anderen EUMitglied­er verstärkte Solidaritä­t und schnellere Übernahme von Migranten garantiere­n. Conte lobte die Erkenntnis der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die erklärt hatte, man dürfe Italien mit dem Problem nicht allein lassen. Jedoch müssten solchen Bekenntnis­sen auch Taten folgen. Itali- en selbst – und da ist sich Conte mit seinem Innenminis­ter einig – werde mit aller Härte gegen Schlepper und deren Helfer vorgehen. Salvini nannte in diesem Zusammenha­ng NGOs und Hilfsorgan­isationen, soweit wollte der Premier jedoch nicht gehen. In seiner Außenpolit­ik werde Rom für eine Öffnung nach Russland und ein Einstellen aller Sanktionen werben, so Conte. Ovationen des Senats erntete er für sein Gedenken an den vor zwei Tagen erschossen­en Malier Soumalya Sacko, auch von Seiten der Senatoren von der Demokratis­chen Partei (PD).

Wie bereits im Koalitions­vertrag dargestell­t, kündigte Conte eine Reform der Steuerpoli­tik an. Es werde eine Feststeuer geben, die sowohl Einzelpers­onen als auch Unternehme­n entlaste. Ziel sei es, mit den Steuererle­ichterunge­n das Wachstum zu fördern. Experten aus der Regierung hatten allerdings bereits im Vorfeld des Senatsauft­ritts erklärt, die Fixsteuer könne nicht vor 2020 eingeführt werden. Auch das Rentensyst­em soll nach den Worten Contes reformiert werden, die auszuzahle­nden Beträge auf ein Niveau angehoben werden, dass »unsere Pensionäre in Würde davon leben« können. Aus welchen Mitteln Steuersenk­ungen und Rentenerhö­hungen finanziert werden sollen, ist bislang jedoch nicht bekannt.

Dass die (nach Redaktions­schluss) abgehalten­e Vertrauens­abstimmung positiv für die neue Regierung ausgehen werde, bezweifelt­e niemand, auch wenn etliche Fragen offen blieben. Die beiden Koalitions­parteien verfügen über eine solide Mehrheit in beiden Kammern. Für die angekündig­ten Reformen in der EU sieht es mit der Mehrheit indes fraglich aus: Dem Beifall aus Österreich und den Visegrád-Staaten – Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn – steht ein Beharren der starken EU-Mitglieder Deutschlan­d und Frankreich gegenüber, die bereits ankündigte­n, nicht von Dublin abrücken zu wollen.

»Mit Viktor Orbán werden wir die Regeln der EU ändern!« Matteo Salvini, Lega-Chef

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