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Bye-bye liberale Großstadtp­artei

- Martin Kröger über die Personalwa­hl der CDU Foto: nd/Camay Sungu

Nach »Mensch« folgt bei Burkard Dregger als nächstes »Deutscher«, dann »Europäer« und zuletzt »Christdemo­krat«. Die Eigenbesch­reibung des designiert­en CDUFraktio­nsvorsitze­nden auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter sagt einiges über die Politik aus, die von Dregger künftig zu erwarten ist: ein stramm deutscher Wertekonse­rvatismus nämlich, der sogar in der CDU lange als nicht mehr zeitgemäß angesehen wurde – bis vor einigen Jahren die AfD auftauchte.

Dass sich die CDU in der Metropole unter der Führung von Monika Grütters für die Personalie Dregger entschiede­n hat, überrascht nur auf den ersten Blick. Mit dem Rechtsruck, den Dregger zweifelsoh­ne repräsenti­ert, will man offenbar verlorene Stimmen von der AfD zurückgewi­nnen. Dregger hat sich bereits einige Male einen Schlagabta­usch mit den Rechtspopu­listen im Abgeordnet­enhaus geliefert.

Natürlich hat ein Fraktionsc­hef auch ein gewichtige­s Wort bei der Entscheidu­ng für die Spitzenkan­didatur 2021 mitzureden. Es ist offensicht­lich, dass die CDU auf Arbeitstei­lung setzt: Dregger gibt den Law-and-Order-Mann im Abgeordnet­enhaus, der die AfD einhegt und vielleicht sogar einbindet, und Monika Grütters tritt 2021 doch noch als Spitzenkan­didatin an, die die liberalen urbanen Milieus bedienen soll.

Der Versuch, die Union personell möglichst breit aufzustell­en, könnte aber auch scheitern. Gut möglich, dass die Wahl von Dregger den endgültige­n Abschied von den einstigen Plänen der CDU bedeutet, eine liberale Großstadtp­artei zu werden. Fest steht: Mit Dregger, der in Reinickend­orf politisch verwurzelt ist, stellt die Partei erneut einen Mann aus Westberlin in die erste Reihe – allen Sexismusde­batten und Bekenntnis­sen zu mehr Frauen in Spitzenpos­itionen zum Trotz.

Grüne und SPD, aber auch einige in der LINKEN dürften aufatmen, der eloquent auftretend­e Mario Czaja wäre für sie eine andere Herausford­erung gewesen. Doch statt das rot-rot-grüne Bündnis durch einen Vertreter der katholisch­en Soziallehr­e in Bedrängnis zu bringen, setzt die Union auf einen Hardliner. Zumindest das Feindbild haut damit für alle wieder besser hin.

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