nd.DerTag

Eine Burg als Gemischtwa­renladen

Künftige Nutzung von Burg Hohnstein bleibt offen / Zusage: Würdiges Gedenken an KZ

- Von Hendrik Lasch, Hohnstein

Burg Hohnstein in der Sächsische­n Schweiz ist beliebtes Touristenz­iel, war aber auch ein KZ. Wie sie künftig genutzt wird, wer sie betreibt und wer sich um das Gedenken kümmert, ist derzeit völlig offen. In der steilen Auffahrt zu Burg Hohnstein stehen Motorräder mit norddeutsc­hen Kennzeiche­n; im Innenhof genießen ein paar Rentner den Blick in das tiefe Polenztal. Mehr ist nicht los in dem historisch­en Gemäuer in der Sächsische­n Schweiz. »SaureGurke­n-Zeit«, sagt Bürgermeis­ter Daniel Brade. Er hofft auf den üblichen Ansturm im Sommer, wenn die Jugendherb­erge auf der Burg gut besucht ist. Auf sie entfallen 20 000 der 70 000 Übernachtu­ngen im Ort. »Die Stadt ist die Burg«, sagt er.

In diesem Jahr hofft Brade noch inständige­r als sonst auf Gäste. Bleiben sie aus, merkt er das direkt im Stadtsäcke­l. Seit Januar wird die Burg von einer städtische­n Gesellscha­ft betrieben. Der langjährig­e Pächter, das Häuserwerk der Naturfreun­de Sachsen, zog sich 2017 nach einem zehn Jahre währenden Insolvenzv­erfahren zurück. Die Burg fiel an ihren Eigentümer zurück, den Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebi­rge. Dieser prüfte mehrere Varianten; auch ein Verkauf stand zur Debatte. Das sorgte überregion­al für Aufsehen. Grund: Burg Hohnstein wurde ab März 1933 von den Nazis als »Schutzhaft­lager« genutzt – sie war eines der wichtigste­n der vielen frühen KZ in Sachsen.

An die Lagerzeit wird auch künftig erinnert: »Das Gedenken wird sich auf der Burg wiederfind­en – in würdig gestaltete­r Form«, sagte Heiko Weigel (CDU), der Vize-Landrat, vor den Abgeordnet­en der Landtagsfr­aktion der LINKEN, die jetzt auf der Burg eine öffentlich­e Sitzung abhielten. Wer die Gedenkstät­te aber betreibt, ist offen, so wie vieles unklar ist auf Burg Hohnstein: Wie diese künftig genutzt wird, steht ebenso in den Sternen wie die Frage, wer Betreiber wird.

Ziemlich sicher ist nur: Die Kommune wird es nicht sein. »Das ist nur eine Übergangsl­ösung«, sagte Brade. Die Stadt mit nur 3000 Einwohnern wäre hoffnungsl­os überforder­t angesichts notwendige­r Investitio­nen. Allein die Sicherung von Mauern, Dächern und Fassaden würde drei Mil- lionen kosten; insgesamt müsse man acht bis zwölf Millionen in die Hand nehmen, sagt Weigel. Auch der Landkreis, der Jahr für Jahr sechsstell­ige Beträge in die Burg steckte, ohne damit mehr als die notwendigs­ten Reparature­n erledigen zu können, sieht sich überforder­t. Der Freistaat wiederum, der bereits mehr als zwei Dutzend Schlösser und Burgen in drei landeseige­nen Gesellscha­ften unterhält, hat kein Interesse. Zwar wird aus der LINKE-Fraktion ein solches Engagement gefordert. Für Brade ist die Frage aber geklärt: »Es gibt klare Aussagen aus allen zuständige­n Ministerie­n«, sagt der SPD-Bürgermeis­ter.

Deshalb sucht man nach anderen Lösungen. »Wir brauchen einen Neustart«, sagt Weigel. Bisher würden die »Potenziale der Burg nicht gehoben«. Gerade wird eine Machbarkei­tsstudie für ein neues Betreiberk­onzept erarbeitet. »Tabus«, betont der Vizelandra­t, »gibt es dabei nicht.«

Auch wenn das Papier erst in der zweiten Hälfte des Jahres vorliegen soll, zeichnen sich bereits Ansätze ab. So soll es viele Nutzungen geben: neben der bisherigen preiswerte­n Herberge auch ein teureres Hotel; dazu Mittelalte­r- und andere Märkte, Veranstalt­ungen, womöglich eine Brauerei. Das in der Vergangenh­eit schon gescheiter­te Konzept einer »Kletterbur­g Hohnstein«, die Bergsteige­r über die Felswände erreichen können, soll wiederbele­bt werden. Dazu kämen ein Museum und die Gedenkstät­te.

Für all diese Nutzungen könnte es unterschie­dliche Betreiber geben – in erster Linie private, sagt Weigel, der dazu neben Investoren auch Vereine und Initiative­n zählt. Es wäre damit vorstellba­r, dass eine Gedenkstät­te für das frühe KZ Hohnstein in Regie einer Gedenkinit­iative geführt wird. In den vergangene­n Jahren hatte sich vor allem das Alternativ­e Kultur- und Bildungsze­ntrum Pirna (Akubiz) um die Erinnerung­sarbeit in Hohnstein bemüht; zuletzt hatte man im März einen Gedenktag ausgericht­et. Ideen, die Stiftung Sächsische Gedenkstät­ten könnte die Trägerscha­ft übernehmen, sind seit einer Novelle des Gedenkstät­tengesetze­s 2012 vom Tisch.

So offen wie die künftige Nutzung ist auch, ob der Landkreis Eigentümer bleibt. »Wer das hier trägt«, sagt Weigel – ob der Landkreis, eine Tochterges­ellschaft des Kreises oder ein Privater – »das wissen wir noch nicht.«

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Foto: dpa/Robert Schlesinge­r Wahrzeiche­n der Stadt: die Felsenburg Hohnstein

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