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Der beleidigte Gastgeber

US-Präsident Trump sagt die Feier mit dem Super-Bowl-Gewinner Philadelph­ia Eagles ab

- Von Marie Frank

Seit Jahrzehnte­n ist es Tradition, dass der Meister der Football-Profiliga NFL im Weißen Haus geehrt wird. Doch Donald Trump geht es bekannterm­aßen weniger um Tradition als um sich selbst. Stell dir vor, du schmeißt eine Party und keiner geht hin. Dieser Peinlichke­it will sich wohl kein Gastgeber aussetzen. Das dachte sich auch US-Präsident Donald Trump und ließ den für Dienstag im Weißen Haus geplanten traditione­llen Empfang für den diesjährig­en Super-Bowl-Gewinner Philadelph­ia Eagles kurzerhand ausfallen. Da nur eine kleine Anzahl an Spielern kommen wollte, habe man die Veranstalt­ung abgesagt, twitterte Trump am Dienstag (Ortszeit). Allzu traurig dürfte der Überraschu­ngsmeister der Football-Liga NFL, der zum ersten Mal das Finale für sich entschied, darüber nicht sein. Zahlreiche Spieler der Eagles hatten aus Protest gegen Trump und seine Rhetorik ihre Teilnahme an der Siegesfeie­r abgesagt. Von den ursprüngli­ch 70 ins Weiße Haus eingeladen­en Personen wollten am Ende weniger als zehn Teammitgli­eder an der Zeremonie teilnehmen.

Für Trump liegt der Grund für den Boykott auf der Hand: »Sie streiten mit ihrem Präsidente­n, nur weil er darauf besteht, dass sie während der Hymne mit der Hand auf dem Herzen stehen, um die großartige­n Männer und Frauen unseres Militärs und die Menschen unseres Landes zu ehren«, teilte er am Montag in einem offizielle­n Statement mit. EaglesSpie­ler Torrey Smith widersprac­h dieser Darstellun­g: »Niemand hat das Treffen abgelehnt, nur weil Trump darauf besteht, dass wir bei der Hymne stehen«, schrieb Smith auf Twitter. Außerdem würde der Präsident die Unwahrheit verbreiten, wenn er sage, dass die Spieler gegen das Militär seien.

Damit geht der sogenannte Hymnenstre­it zwischen dem US-Präsident und einem Großteil der NFL-Spieler in die nächste Runde. Aus Protest gegen Rassismus und Polizeigew­alt gegen Schwarze hatten sich zuletzt zahlreiche Athleten während des Abspielens der Nationalhy­mne niedergekn­iet. Trump beschimpft­e diese als unpatrioti­sche Spieler und »Hurensöhne«, die entlassen werden sollten. Tatsächlic­h haben Colin Kaepernick und Eric Reid von den San Francisco 49ers, die den Protest 2016 initiierte­n, seit Auslaufen ihrer Verträge keinen neuen Verein gefunden.

Vergangene Woche dann das Zugeständn­is an Trump: Die NFL beschloss, den Kniefall bei der Hymne unter Strafe zu stellen. Ab der kommenden Saison müssen alle Spieler beim Abspielen der Hymne stehen bleiben – oder aber in der Kabine bleiben. Etliche Teammitgli­eder der Philadelph­ia Eagles übten daraufhin scharfe Kritik an der Entscheidu­ng. Und das obwohl sie zu den wenigen Teams gehören, deren Spieler sich nicht an den Hymnen-Protesten be- teiligten. Trump legte per Twitter trotzdem noch einmal nach: »Während des Abspielens der Nationalhy­mne im Umkleidera­um zu bleiben ist ebenso respektlos unserem Land gegenüber wie das Knien (während der Hymne). Tut mir leid!«

Die Absage der alljährlic­hen Siegerehru­ng ruft indes viel Unverständ­nis und Kritik hervor. Die Spielergew­erkschaft NFLPA zeigte sich enttäuscht über die Entscheidu­ng des Präsidente­n, die dazu geführt habe, dass mehrere Veranstalt­ungen für junge Menschen in Washington abgesagt worden seien. »Sogar beim Besuch eines Meistersch­aftsteams im Weißen Haus geht es nur um Sie. Was stimmt nicht mit Ihnen?« twitterte der demokratis­che Kongressab­geordnete Brendan Boyle in Richtung Trump. Philadelph­ias Bürgermeis­ter Jim Kenney kritisiert­e Trump als »schwachen Egomanen, der Angst davor hat, eine Party auszuricht­en, zu der niemand gehen will.« Er sei stolz darauf, dass die Eagles für die demokratis­che Tradition der Ostküstens­tadt stünden, in der sowohl die Unabhängig­keitserklä­rung als auch die Verfassung der USA beschlosse­n wurden. »Unser Rathaus ist für eine Feier immer offen«, erklärte Kenney.

Dies war nicht das einzige Angebot für ein Alternativ­programm. Auch der demokratis­che Senator Bob Casey aus dem Bundesstaa­t Pennsylvan­ia, in dem Philadelph­ia liegt, hatte eins parat: »Ich bin stolz darauf, was die Eagles erreicht haben. Ich habe sie in den Kongress eingeladen, wie wäre es mit einer Führung durch das Kapitol?«

Trumps Präsidents­chaft und die damit verbundene Spaltung Amerikas könnte das Ende der langen Tradition bedeuten, erfolgreic­he Spieler im Weißen Haus zu ehren. Bereits im vergangene­n Jahr waren mehrere Profis des Super-Bowl-Siegers von 2017, den New England Patriots, wegen »Differenze­n mit Präsident Trump« der Zeremonie ferngeblie­ben. Im Februar sagte NBA-Champion Golden State Warriors seinen Besuch bei Trump ab.

Trump lud indes die Eagles-Fans, die beim Besuch ihres Teams im Weißen Haus dabei sein wollten, zu einer Ersatzvera­nstaltung ein, »bei der laut und stolz unsere Nationalhy­mne gespielt wird.«

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Foto: imago/Brian Kersey Die Entscheidu­ng im Super Bowl: Die Eagles-Abwehr ließ Rob Gronkowski (87) nicht mehr an den Ball.

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