Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel erlaubt
Grundsatzurteil des BGH
Bei einem Verkehrsunfall dürfen Autofahrer Dashcam-Videoaufnahmen vom Unfallhergang als Beweismittel verwenden.
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 15. Mai 2018 (Az. VI ZR 233/17) das Interesse des Unfallgeschädigten an Aufklärung höher bewertet als das Datenschutzinteresse und das Recht am eigenen Bild des Unfallgegners (nd berichtete).
Die Aufnahmen der Videokameras verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht der Gefilmten und seien somit verboten. Kurze Unfallaufzeichnungen seien aber gleichwohl verwertbar, weil Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten.
Das heißt aber nicht, dass man automatisch immer filmen darf. Es bleibe dabei, dass vor allem dauerhaftes, anlassloses Filmen des öffentlichen Verkehrs weiterhin gegen den Da- tenschutz verstoßen und als Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat verfolgt werden können, da die betroffenen Personen nicht in die Aufnahmen eingewilligt haben.
Der BGH bekräftigte allerdings, dass die Aufnahme als Beweismittel für den Unfallhergang zu verwerten seien. Das Interesse des Klägers an Aufklärung des Unfallhergangs und sein Anspruch auf rechtliches Gehör seien hier höher zu bewerten als das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Bild des Unfallgegners. Der Unfallgegner habe sich in den öffentlichen Raum begeben und sich damit der »Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt«. Auch seien nur Vorgänge gefilmt worden, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind.
Der Verstoß gegen den Datenschutz führt laut BGH in Zivilprozessen zu Verkehrsunfällen nicht ohne Weiteres zu ei- nem Beweisverwertungsverbot von »kurzen, anlassbezogenen Aufzeichnungen«. Eine »wirksame Rechtspflege« habe in solchen Fällen Vorrang vor dem Datenschutz des Unfallgegners.
Sollte allerdings der Besitzer der Dashcam eindeutig an dem Unfall schuld sein, könnte der Unfallgegner die Polizei zudem um die sofortige Sicherung der Aufnahmen bitten.
Der Automobil-Club Verkehr (ACV) begrüßte das Urteil und warb für einen standardisierten Aufnahmemodus: Er solle die Auslesbarkeit der Daten erst durch eine gerichtliche Anordnung ermöglichen sowie die Aufzeichnungen schnellstmöglich überschreiben und löschen.
Mit dem BGH-Urteil hat die Revision eines Autofahrers aus Sachsen-Anhalt (siehe nd-ratgeber vom 25. April 2018) Erfolg. Er wollte seine Unschuld an einem Unfall in Magdeburg anhand der Aufzeichnungen seiner Dashcam beweisen. Er hatte wegen des Verkehrsunfalls Schadenersatz vom Unfallgegner gefordert. Die Autos waren innerhalb einer Ortschaft beim Linksabbiegen auf zwei Linksabbiegerspuren seitlich zusammengestoßen. Im Streit stand, wer seine Spur verlassen hat. Der Fahrer auf der linken Spur wollte mit den Aufnahmen seiner Videokamera beweisen, dass der Unfallgegner seine Spur verlassen hatte und auf ihn aufgefahren war.
Das Amtsgericht Magdeburg (Urteil vom 19. Dezember 2016, Az. 104 C 630/15) und das Landgericht Magdeburg (Urteil vom 5. Mai 2017, Az. 1 S 15/17) hatten die Bilder wegen Verstoßes gegen das Datenschutzrecht nicht als Beweismittel zugelassen, weil solche Aufnahmen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstießen. Dem Kläger wurde daraufhin die Hälfte des Gesamtschadens als Schadenersatz zugesprochen. Dieser forderte aber weitere 1330 Euro.
Der BGH hob mit seinem Grundsatzurteil die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies den Fall zurück an das Landgericht. Agenturen/nd