Trump optimistisch für Treffen mit Kim
Nordkoreaexperte Kim Jin Hyang hofft auf eine Friedensvereinbarung
Berlin. Vor dem historischen Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un an diesem Dienstag hat sich US-Präsident Donald Trump optimistisch gezeigt. Bei einem Treffen mit Singapurs Regierungschef Lee Hsien Loong am Montag sagte Trump, er denke, dass es »sehr gut laufen« werde. Unterdessen stellte US-Außenminister Mike Pompeo der Führung in Pjöngjang Sicherheitsgarantien in Aussicht, wenn sie einer vollständigen atomaren Abrüstung zustimmt. Trump und Kim werden sich am Dienstag zunächst unter vier Augen treffen.
Der südkoreanische Experte für den koreanischen Dialog, Kim Jin Hyang, erhofft sich im Interview mit »nd« viel von dem Gipfel. Nordkorea und dessen Regime wolle Frieden. Der ehemalige Nordkorea-Berater der südkoreanischen Regierung wirbt für eine zukünftige wirtschaftliche Verflechtung der beiden Länder. Jetzt sei es an der Zeit, »diese Integration anzugehen« und so durch die ökonomische Kooperation einen Krieg unwahrscheinlich werden zu lassen.
Herr Kim, als Südkoreaner haben Sie jahrelang in Nordkorea gelebt. Was ist das größte Missverständnis, das außerhalb Nordkoreas über das Land kursiert?
Häufig wird behauptet, Nordkorea sei an Krieg interessiert. Diese Interpretation ist, denke ich, falsch. Das Land und dessen Regime will Frieden.
Aber zumindest die Sichtweise, dass sich die nordkoreanische Regierung mit der Idee eines Krieges anfreunden kann, liegt nahe. Mehrmals hat es Kriegsdrohungen gegeben, es wurde kräftig in das Atomprogramm investiert.
Ja, natürlich. Doch auch wenn es paradox klingen mag: Nordkorea hat Atomwaffen gebaut, obwohl oder weil es den Frieden wollte. Dem zugrunde liegt die Feindseligkeit zwischen Nordkorea und USA. Einige ihrer wichtigsten Militärstützpunkte im gesamten ostasiatischen Raum unterhalten die USA auf südkoreanischem Boden, also in direkter Nachbarschaft zu Nordkorea. Ich spreche hier nicht als ein Verteidiger des Regimes von Kim Jong Un, aber es liegt auf der Hand, dass man sich auch in Pjöngjang bedroht fühlt.
Sie waren von 2008 bis 2011 Chef der Industrieanlage Kaesong, wo bis 2016 südkoreanische Betriebe mit nordkoreanischen Arbeitern Produkte herstellten. In Nordkorea herrschte zu der Zeit keine Kriegsstimmung?
Was man an Drohgebärden vernimmt, ist zu großem Teil Rhetorik, und als solche natürlich ein Bestandteil der nationalen Sicherheitsstrategie Nordkoreas. Aber die Anlage Kaesong ist doch ein gutes Beispiel dafür, wie die Drohungen nur ein Teil des Alltags sind. Dort produzierten an die 200 Betriebe für die südkoreanischen Produkte Markt, hergestellt mit nordkoreanischen Händen. Der Faktor Arbeit ist dort für südkoreanische Betriebe sehr günstig, deshalb attraktiv, aber die Qualität der Produkte wie zum Beispiel Kleidung war gut. Und die Kooperation vor Ort funktionierte meist zur Zufriedenheit beider Seiten. Die Monatslöhne haben wir über die Jahre erheblich angehoben und standen zuletzt bei 130 US-Dollar. Anfang 2016 hat die südkoreanische Regierung unter Park Geun Hye, die mittlerweile wegen Kor- ruption ihres Amtes enthoben wurde, die Anlage schließen lassen. Seitdem ist auch die wirtschaftliche Kooperation der beiden Koreas auf einem neuen Nullpunkt. Könnte sich das wieder ändern?
Mit den jüngsten Entwicklungen ist das nicht auszuschließen, sogar fast zu erwarten. Das Treffen zwischen Moon Jae In und Kim Jong Un Ende April hat neuen Schwung gebracht. Und von vorigen Vereinbarungen nach der Jahrtausendwende, als es zwischen den Koreas schon einmal Annäherungen gab, sind auch noch Pläne über weitere Sonderwirtschaftszonen in der Schublade. Jetzt wäre also die Zeit, diese Integration anzugehen. Je stärker die ökonomische Kooperation ist, desto unwahrscheinlicher wird Krieg. Ein Ergebnis der aktuellen Annäherungen zwischen Nord- und Südkorea ist, dass Nordkorea sein Atomprogramm stoppen will. Ist das wirklich realistisch?
Es ist jedenfalls die Zusage. Die Skeptiker haben zwar insofern recht: Niemand kennt die wahren Absichten der Verhandler Nordkoreas. Aber das gilt immer. Wer einfach nicht dran glauben will, den kann man auch nicht überzeugen. In der aktuellen Annäherungsphase geht es auch um Vertrauen.
Nach viel Hin und Her soll am 12. Juni nun doch ein Treffen zwischen Nordkoreas Regent Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump in Singapur stattfinden. Was kann man sich davon versprechen? Ich vermute Folgendes: Kim Jong Un wird erneut die Denuklearisierung Nordkoreas erklären, wie er es schon im April gegenüber Südkorea getan hat. Dabei geht es um eine Nichtverbreitungsabsicht, ein Stopp der Produktion von Atomwaffen. Außerdem erwarte ich eine Anerkennung der symbolischen Erklärung des Kriegsendes, wie sie im April Nordund Südkorea vereinbarten, nun auch durch Trump.
Ein Stopp der Produktion bedeutet nicht, dass alle schon bestehenden Atomwaffen verschwinden. Stimmt, so etwas wäre wesentlich komplizierter. Um so einen Schritt zu unternehmen, wird Nordkorea verlangen, dass die USA ihre Präsenzen aus Südkorea abziehen. Aber darum geht es bei diesem Treffen noch nicht.
Und das Ende des Krieges zu erklären ist noch kein Friedensvertrag. Auch das ist wahr. Das wäre ein Thema für zukünftige Treffen, so etwas bewegt sich in kleinen, vorsichtigen Schritten.
Was wäre dann ein sensationelles Ergebnis des Kim-Trump-Gipfels, das die bisherigen Erwartungen überträfe?
Denkbar, aber noch nicht erwartbar, wäre die Installation ständiger Vertretungen in Pjöngjang und Washington samt einer Entsendung diplomatischen Personals. Auch könnten die USA teilweise ihre Sanktionen gegen Nordkorea aufheben.