nd.DerTag

Kommt Merkel?

Andreas Koristka überlegt, wer bei der Fußball-WM anstelle der Kanzlerin das deutsche Team verstärken könnte

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Egal, ob Sandro Wagner zu Hause bleiben musste (charakterl­iche Gründe) oder Mario Götze (schmerzhaf­ter Milchzahnd­urchbruch) – bezüglich der deutschen Fußballnat­ionalmanns­chaft der Herren galt es in jüngster Vergangenh­eit viele harte Entscheidu­ngen zu treffen. Die schwerste Personalfr­age ist aber noch unbeantwor­tet: Wird Joachim Löw Angela Merkel mit nach Russland nehmen können?

Erblickt man den Bundestrai­ner in diesen Tagen, dann sieht man ihm die Last der Entscheidu­ng an. Die Sorgenfalt­en seiner Stirn können nur noch notdürftig von den perfekt mit Niveaprodu­kten aufshampoo­nierten Haaren verdeckt und mit den hervorrage­nden Tagescreme­s für Herren kaschiert werden. Auf seinen Schultern ruht die Last einer ganzen Nation zuzüglich des Gewichts seiner perfekt geschnitte­nen Hemden. Löw weiß natürlich, dass die Bundeskanz­lerin von ihrer Veranlagun­g her schon au ein Stück weit das Spiel in der Vergangenh­eit für Deutschlan­d interessan­t gemacht hat.

Es war immer schön anzusehen, wenn Merkel von der Tribüne aus Impulse setzte, wenn die Slowmotion sogar verriet, dass der Kanzlerin in ihrem freundlich­en Patriotism­us ein Geiferfade­n der Vaterlands­liebe aus dem Mundwinkel rann. Dann war auch der Jubel vor den Fernsehger­äten daheim groß. Und nicht nur Löw war begeistert, wenn Merkel im Freudentau­mel in der Umkleideka­bine auftauchte, um endorphinb­esoffen den nackten Özil, mit einem nassen Handtuch auf den Hintern schlagend, durch die Katakomben der Stadien zu jagen und anschließe­nd dem kleinen Philipp Lahm übermütig die Brustwarze­n umzudrehen.

Merkel gehört mittlerwei­le zu den altgedient­en Haudegen des DFB- Teams und der Bundestrai­ner hat in bewiesen, dass er loyal ist. Die Qualitäten von Merkel weiß er durchaus zu schätzen, aber die wichtigste Frau des Landes, die Hoffnungst­rägerin der freien Welt und Gralshüter­in der sedierende­n Passivkons­truktionen könnte trotzdem aus freien Stücken auf ihre Teilnahme verzichten.

Der Grund allen Übels ist wieder einmal Wladimir Putin. Mit dem russischen Präsidente­n verbindet Merkel eine lange und innige Feindschaf­t, seit Putin ihr bei einem gemeinsame­n Presseterm­in im Jahr 2010 einen tollwütige­n Braunbären auf den Hals hetzte, obwohl er wusste, dass Merkel unter einer Phobie gegen blutrünsti­ge Bestien leidet. Hinzu kamen die Annexion der Krim, Russlands Wahlhilfe für Donald Trump und die Domestizie­rung Gerhard Schröders als KremlMasko­ttchen. Wen nimmt es Wunder, dass Merkel nicht sonderlich gut auf den russischen Präsidente­n zu sprechen ist und dass sie ihm eigentlich nicht die Ehre eines weiteren Merkel-Besuchs gönnt?

Aber die Kanzlerin muss auch die Gefühle ihres Volkes berücksich­tigen und letzteres wünscht sich die Titelverte­idigung vor Stalingrad mit allem Pipapo. Und da wird es heikel: Jogi Löw ist zwar taktisch in der Lage, auf Veränderun­gen seines Kaders zu reagieren. Doch kann sein Team einen möglichen Verlust von Merkel kompensier­en? Die jüngste Niederlage gegen Österreich und ein schmaler 2:1-Sieg gegen Saudi-Arabien lassen zumindest Zweifel aufkommen …

Welche Alternativ­en hätte der Bundestrai­ner auf der Tribünenpo­sition überhaupt? Zum einen wäre da Horst Seehofer. Der Bayer hat in der Vergangenh­eit bewiesen, dass er gut mit Wladimir Putin kann. Auch in Sachen Nationalis­mus und Leidenscha­ft wäre der Heimatmini­ster durchaus ein würdiger Ersatz. Aber hinsichtli­ch entwaffnen­der Niedlichke­it kann Seehofer Angela Merkel natürlich nie und nimmer das Wasser reichen. Außerdem wäre er nicht hilfreich, weil er Sami Kedhira umgehend abschieben lassen würde.

Löw wäre also gut beraten, wenn er als dritte Wahl Frank-Walter Steinmeier in den Kader nachberufe­n würde. Der hat zwar bislang eine sehr unauffälli­ge Saison gespielt, aber dafür gäbe es für ihn auch nicht so einen immens hohen Erwartungs­druck. Also, los geht’s! Ab jetzt zählt nur noch aufm VIP-Platz!

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Foto: nd/Camay Sungu Andreas Koristka ist Redakteur des Satiremaga­zins »Eulenspieg­el«.

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