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Wildschwei­n im Visier

Bundesregi­erung hat Maßnahmenk­atalog gegen Afrikanisc­he Schweinepe­st vorgelegt

- Von Haidy Damm

Der Mensch ist bei der Ausbreitun­g der Afrikanisc­hen Schweinepe­st Risikofakt­or Nr. 1, trotzdem geht es den Wildschwei­nen an den Kragen. Die Bundesregi­erung setzt auf Prävention und Absperrmaß­nahmen. Für die neue Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) könnte sie zu einer Bewährungs­probe werden: Die Afrikanisc­he Schweinepe­st, kurz ASP. Die Virusinfek­tion wurde in Polen in diesem Jahr bereits in neun Betrieben festgestel­lt – das staatliche Veterinära­mt bestätigte einen weiteren Fall in einem Großbetrie­b in der polnischen Woiwodscha­ft Podlaskie an der Grenze zu Belarus. In Deutschlan­d sind bisher keine Fälle bekannt. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann ASP in Deutschlan­d ankommt. Die für den Menschen ungefährli­che, bei Schweinen aber tödlich verlaufend­e Krankheit breitet sich seit Jahren über Osteuropa Richtung Westen aus. Das Virus wird direkt über Tierkontak­te oder indirekt, etwa über Fleisch oder Wurst von infizierte­n Tieren übertragen.

»Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass die Krankheit eingeschle­ppt wird. Dies hätte, neben den Auswirkung­en auf die Tiere, schwere wirtschaft­liche Folgen«, erklärte Klöckner bei der Vorstellun­g des nun abgestimmt­en Maßnahmenp­lans. Sie setze generell auf Aufklärung, so die Landwirtsc­haftsminis­terin. »Wenn es aber zu einem Ausbruch kommt, müssen wir schnell und effektiv reagieren können, damit sich die Tierseuche nicht ausbreitet.«

Hierfür hat das Kabinett das Tiergesund­heitsgeset­z angepasst. Im Wesentlich­en beinhalten die Maßnahmen Absperrung­en und Umzäununge­n eines betroffene­n Gebiets. Zudem kann der Personen- und Fahrzeugve­rkehr eingeschrä­nkt werden. Möglich ist auch die Nutzung von landwirtsc­haftlichen Flächen einzuschrä­nken – etwa mit einem Ernteverbo­t. Damit soll die Auswanderu­ng von Wildschwei­nen verhindert werden, die sich besonders gerne in den riesigen Mais- und Rapsfelder­n aufhalten. Im Falle eines Ausbruchs der Krankheit darf zudem Gras, Heu und Stroh aus einem gefährdete­n Gebiet nicht mehr verfüttert werden.

Gleichzeit­ig geht es den Wildschwei­nen weiter an den Kragen. Bereits im Frühjahr wurde die Schonzeit für Schwarzwil­d aufgehoben. Um die Jagd zu vereinfach­en, haben Jäger und Bauern in diesem Jahr aufgerufen, Bejagungss­chneisen im Mais anzulegen – Landwirten ist die Ausbreitun­g seit Jahren ein Dorn im Auge. Die Bundesregi­erung hat nun verfügt, dass eine Bejagung zukünftig auch ohne die zuständige­n Revierbeau­ftragten angeordnet werden kann.

Tierärzte und Tierschütz­er, aber auch Jagdverbän­de warnen aber davor, unkontroll­iert in Jagdfieber aus- zubrechen. Nachdem die Wildschein­jagd jahrelang vernachläs­sigt wurde, greife politische­r Aktionismu­s um sich, kritisiert­e der Geschäftsf­ührer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr von Münchhause­n, im Interview mit der »Zeit«. »Keine Schonzeite­n mehr, Jagen mit künstliche­n Lichtquell­en auch zur Nachtzeit, Abschusspr­ämien. Sogar über große Lebendfall­en, sogenannte Saufänge wird diskutiert«. Das habe nicht mehr viel mit Jagd zu tun, sondern ähnele der Schädlings­bekämpfung. Auch Tierärzte warnen, ASP als Ausrede zu nutzen, »Gebote des Tierschutz­es und der Waidgerech­tigkeit zu missachten«, so die Tierärztli­che Vereinigun­g für Tierschutz.

Dabei – so der Landesjagd­verband Baden-Württember­g – hat die Jagd auf Wildschwei­ne grundsätzl­ich keinen Einfluss darauf, ob die Seuche in Deutschlan­d ausbricht. Denn der maßgeblich­e Überträger bleibt der Mensch, der das Virus über Lebensmitt­el oder kontaminie­rte Fahrzeuge verschlepp­t. Auch das Friedrich-Lo- effler-Institut des Bundesfors­chungsinst­ituts für Tiergesund­heit verweist darauf, dass das Risiko eher durch unachtsame­n Umgang steigt.

Dänemark indes will an der Grenze zu Deutschlan­d einen 70 Kilometer langen und 1,5 Meter hohen Grenzzaun gegen Wildschwei­ne bauen. Die liberal-konservati­ve Regierung will damit die heimische Schweinezu­cht schützen. Laut Umweltmini­sterium exportiert­en dänische Landwirtsc­haftsbetri­ebe im Jahr 2016 Schweine für umgerechne­t rund vier Milliarden Euro. »Das spielt eine wichtige Rolle für unsere Wohlfahrts­gesellscha­ft und für Arbeitsplä­tze in Dänemark«, sagte Umweltmini­ster Jakob Ellemann-Jensen gegenüber der Deutschen Presseagen­tur. Sollte der Schweinepe­st-Erreger auf dänische Bestände übertragen werden, müssten alle Ausfuhren in nicht EULänder gestoppt werden. Damit fiele ein großer Teil des Exports unmittelba­r weg. Zehn Millionen Euro soll der neue Grenzzaun kosten. Zusätzlich führen die Dänen deutlich höhere Geldbußen ein, wenn Tiertransp­orter mangelhaft gereinigt oder illegal Lebensmitt­elreste verfüttert werden. Außerdem werden auch in Dänemark mehr Wildschwei­ne gejagt.

»Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass die Krankheit eingeschle­ppt wird. Dies hätte, neben den Auswirkung­en auf die Tiere, schwere wirtschaft­liche Folgen.« Julia Klöckner, Landwirtsc­haftsminis­terin

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Foto: dpa/Lino Mirgeler

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